Einem Schildbürgerstreich gleicht mittlerweile die Beschattung des Mensagebäudes an der August-Ludwig-Schlözer-Schule in Kirchberg/Jagst. Auch der zweite Versuch, die Räume des Gebäudes von außen wirkungsvoll zu beschatten, schlug fehl. Die Stadt Kirchberg als Schulträger müsste sich nun ein drittes Mal mit dem Thema befassen.
Ralf Garmatter, Elternvertreter der Klasse Kc2 der August-Ludwig-Schlözer-Schule Kirchberg/Jagst
Untauglich: Nicht normgerechte UV-Schutzfolie und Säulenhainbuchen
Die UV-Schutzfolie, die im Frühjahr 2013 angebracht wurde, entspricht laut Stadtverwaltung Kirchberg nicht den Vorgaben der Wärmeschutzverordnung. Die Schatten der vor einigen Tagen geplanzten Säulenhainbuchen erreichen die großen Fensterflächen in den warmen Mittagsstunden nicht. Weder um 11 Uhr, noch um 12 Uhr, wurden vor einigen Tagen die nach Süden ausgerichteten großen Fensterflächen von den 16 neu gepflanzten Bäumen beschattet. Rein rechnerisch trifft dies dann auch auf die Zeit von 13 Uhr (die Zeit des höchsten Sonnenstands in der Sommerzeit) bis mindestens 15 Uhr zu. Genau während dieser Zeit essen die Kinder in der Mensa und machen in den Arbeitsräumen ihre Hausaufgaben. Aber nach wie vor gibt es keinen kühlenden Schatten. Die Mittagsbetreuung in dem Gebäude endet derzeit um 15.20 Uhr.
Zustand wird sich in den nächsten Wochen noch verschlechtern
Auch in den kommenden Wochen wird dieser Zustand nicht besser werden. Die Sonne steigt bis zum Sommeranfang noch höher und die Baumschatten werden in den warmen Stunden des Tages noch kürzer. Die Kinder und MitarbeiterInnen der Mittagsbetreuung, Hausaufgabenbetreuung und Mensa können nur hoffen, dass es in diesem Jahr und in den nächsten Jahren einen kühlen Spätfrühling und Sommer gibt. Sonst heißt es im Kirchberger Mensagebäude „Schmachten bis zum Umfallen“.
Räume der Hausaufgabenbetreuung sind ohne Lüftung
Erschwerend kommt hinzu, dass die Räume der Hausaufgabenbetreuung, der Schulsozialarbeiterin und des Ruheraums keine eingebaute Lüftung haben. Dies sollte in einem Niedrigenergiehaus wie dem Mensagebäude eigentlich Standard sein. Im vergangenen Jahr wurden in den Räumen der Hausaufgabenbetreuung Temperaturen von 35 Grad Celsius und mehr gemessen. Viele Kinder konnten sich in der stickigen Hitze bei den Hausaufgaben nicht mehr konzentrieren, kamen total verschwitzt und genervt nach Hause.
Architekt hatte Jalousien geplant, Stadträte strichen sie wieder
Dabei hätte es gute Möglichkeiten der Beschattung gegeben. Der Architekt des 2013 eingeweihten Gebäudes hatte Außenjalousien geplant. Der Kirchberger Gemeinderat hat diese – im Schulterschluss mit der Stadtverwaltung – während der Bauphase kurzerhand wegrationalisiert. In jüngster Zeit hatte sich die Mehrzahl der Elternvertreter der Schule für ein Nachrüsten des Gebäudes mit Außenjalousien ausgesprochen. Für eine „wirkungsvolle Außenbeschattung“ hatten sich bei einer Unterschriftensammlung im November 2013 rund 310 Eltern der Kirchberger Schülerinnen und Schüler eingesetzt. Mit den Säulenhainbuchen wurde keine „wirkungsvolle Außenbeschattung“ erreicht.
Es kann noch Jahre dauern
Besser als die aktuelle Variante mit den untauglichen Bäumen wären auch dichte, hochwachsende Büsche gewesen, die dann die Fenster auch tatsächlich beschattet hätten. Die Säulenhainbuchen bringen für die großen, nach Süden ausgerichteten Fensterflächen, in absehbarer Zeit nichts. Es kann noch Jahre dauern, bis die Bäume groß genug sind, um die Fensterflächen wenigstens teilweise zu beschatten. Wenn die Bäume ausgewachsen sind, ragen sie weit über das Gebäude hinaus und beschatten voraussichtlich nur noch das Flachdach des langgestreckten Gebäudes. Im Herbst werfen sie ihre Blätter auf das Flachdach, wo die Blätter liegen bleiben und verrotten.
Elternbeiratsvorsitzende sind mitverantwortlich für die Misere
Mitverantwortlich für die Misere sind auch die beiden Elternbeiratsvorsitzenden der Schule. Sie hätten bei der Stadtverwaltung, der Schulleitung und dem Gemeinderat klar Stellung für die beste Lösung beziehen müssen. Für die meisten Elternvertreter der Schulklassen war dies die Lösung mit den Außenjalousien. Eine Fachfirma aus der näheren Umgebung hatte dafür bereits ein günstiges Angebot in Höhe von rund 13.000 Euro gemacht.
Bäume müssen noch jahrelang gegossen werden
Von den nun geplanzten Bäumen wurde den anderen Elternvertretern vor der Abstimmung im Gemeinderat offiziell gar nichts mitgeteilt. Die Elternbeiratsvorsitzenden machten einen klassischen Alleingang. Sie haben sich – ohne Rücksprache mit den anderen Elternvertretern – gegenüber der Stadtverwaltung mit der derzeitigen Variante einverstanden erklärt. Mit der fatalen Folge, dass die beiden Elternbeiratsvorsitzenden die untaugliche Variante mit zu verantworten haben. Sie ist jedenfalls keine Lösung. Die Bäume nützen aktuell nichts und müssen noch jahrelang gepflegt und gegossen werden. Rechnet man die Kosten für die UV-Schutzfolie, die Gutachten und die Bäume samt Pflegekosten zusammen, wäre die Außenjalousie sicher nicht nur die weitaus wirkungsvollere, sondern auch die preisgünstigere Variante gewesen.
Nicht bis zum ersten Kreislaufkollaps warten
Zweimal wurde die Chance vertan, in der Kirchberger Schulmensa erträgliche Raumtemperaturen zu schaffen. Die Leidtragenden sind die Kinder und die MensamitarbeiterInnen. Die Mensabeschattung an der Kirchberger GHR-Schule ist inzwischen ein Schildbürgerstreich. Bleibt zu hoffen, dass die Stadt Kirchberg nicht wartet, bis das erste Kind oder die erste Mitarbeiterin oder der erste Mitarbeiter wegen der Hitze kollabiert. Das Problem ist bekannt und könnte für die Stadt Kirchberg im Schadensfall möglicherweise sehr teuer werden. Die Stadt Kirchberg und die Schulleitung müssen ihrer Fürsorgepflicht für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht werden. Schnelles Handeln ist nun dringend erforderlich.
Das Internetlexikon Wikipedia über die Fürsorgepflicht:
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bezeichnet die Pflicht, zum Wohlergehen der Mitarbeiter Sorge zu tragen.
Fürsorgepflicht im Arbeitsrecht
In Deutschland ergibt sich die Fürsorgepflicht aus §§ 617 bis 619 BGB als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die aus weiteren Gesetzen ergänzt wird (z.B. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für den Handlungsgehilfen, § 62 HGB). Der Arbeitgeber ist danach gehalten, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die jeden Beschäftigten vor Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit schützen. Hierzu bestehen bereits eine Reihe von gesetzlichen Schutzvorschriften, etwa die Arbeitsstättenverordnung, das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz (…)
Ich denke, das Beschatten ist ebenso wie das Abhören eine genuin geheimdienstliche Tätigkeit und sollte deshalb den Profis von der NSA überlassen werden. 😉