„BürgerInnen profitieren nicht vom TTIP-Freihandel“ – Leserbrief von Christian Kümmerer, Schwäbisch Hall

Einen Leserbrief auf einen Kommentar von Dr. Walter Döring zum TTIP-Handelsabkommen zwischen der EU und den USA hat Christian Kümmerer aus Schwäbisch Hall geschrieben. Dörings Kommentar erschien in der HT-Beilage „Regio Bussiness“ vom 9. Mai 2014.

Leserbrief von Christian Kümmerer, Schwäbisch Hall

119 Unternehmensvertreter, nur elf zivilgesellschaftliche Akteure

Vom (Frei)Handelsabkommen der EU mit den USA würden alle profitieren, meint Döring. Ja, wahrscheinlich alle multinationalen Konzerne, aber nicht alle Bürger/innen. Der Artikel spricht unter anderem von regelmäßigen Konsultationen bei denen Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen ihre Bedenken „breit und ausführlich“ vorbringen können. Real sieht das dann so aus, dass von der Verhandlungskommission 119 Unternehmensvertreter, aber nur elf zivilgesellschaftliche Akteure angehört wurden. Schon dieses Machteverhältnis zeigt deutlich an, wer zu den Gewinnern zählen wird.

Der jeweils niedrigste Standard wird das Maß aller Dinge sein

Was mich weiterhin sehr skeptisch stimmt, ist dass alle Befürworter von „Harmonisierung der Standards“ sprechen, dass damit beispielsweise die Anhebung der Gehälter auf das jeweilig höhere Niveau gemeint ist, wie uns Dr. Döring glauben machen will. Das wage ich zu bezweifeln. Ich befürchte vielmehr, dass mit Harmonisierung der jeweils niedrigste Standard das Maß aller Dinge sein wird. Auch der Duden erklärt den Begriff „Harmonisierung“ mit „wirtschaftspolitischer Abstimmung“, von sozialpolitischen Aspekten hingegen ist nichts zu lesen.

Finanzkrise ist durch deregulierte Märkte entstanden

Unverhohlen wird als Verhandlungsziel die Deregulierung genannt. Und das, obwohl die derzeit anhaltende Finanzkrise eben durch deregulierte Märkte ausgelöst wurde und mehr Regulierung eigentlich dringend geboten wäre.

Jährliches Wachstum für Deutschland nur 0,03 Prozent

Bei den versprochenen, enormen Wohlstandsgewinnen, so der Wortlaut des Artikels, die „die Realeinkommen der Deutschen um 4,7 Prozent steigern“ sollen, wurde wohl vergessen auf den Zeitraum der Steigerung hinzuweisen. Eine Bertelsmann-Studie prognostiziert ein jährliches Wachstum von 0,03 Prozent für Deutschland.

Auch die Mitgestaltungsrechte des Kreistags werden eingeschränkt

Dass Herr Döring, ob seiner Popularität, wohl mit eindeutigem Votum in den Kreistag einziehen wird, ist dann wohl an Ironie kaum zu überbieten. Fordert er doch indirekt durch sein flammendes Plädoyer für das TTIP, dass die Mitgestaltungsrechte auch dieses Gremiums durch drohende Schiedsgerichtsklagen eingeschränkt wird. Denn es sind keine Beschlüsse oder Gesetzgebungen zu erwarten, wenn gegen diese ein Investor mit Klage droht.

Transparentes Zollabkommen wäre sinnvoller

Und selbst, wenn es so wäre, wie es im Text suggeriert wird und alles „beim Alten“ bliebe, woher, frage ich mich, soll denn dann das Wachstum kommen? Wenn es wirklich nur um Handel und Abschaffung der Zölle ginge, wäre ein einfaches, transparentes Zollabkommen das Mittel der Wahl, kein schwerverständliches Abkommen, das in viele alltägliche Lebensbereiche hinein wirken wird.

TTIP ist kein Friedensbringer

Das TTIP als Friedensbringer im gegenwärtigen Konflikt mit der Ukraine ins Feld zu führen halte ich überdies für maßlos überhöht. Aber wer weiß, eventuell erhält dann stellvertretend Herr Döring im Jahr 2024 den Friedensnobelpreis: Als bekennender Unterstützer der Freihandelsideologie.

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Ein Gedanke zu „„BürgerInnen profitieren nicht vom TTIP-Freihandel“ – Leserbrief von Christian Kümmerer, Schwäbisch Hall

  1. Was haltet ihr davon, dass laut folgender Quelle angeblich auch später Länder aus dem asiatischen Raum reinkommen sollen (wo die USA gleichzeitig verhandeln), wie hier z.B. steht:

    http://www.glaronia.com/2014/05/01/freihandelttip-eu-will-storrische-gegner-bandigen/

    in Bezug auf die Preise und Löhne würde das ja noch ein extra „Geschmäckle“ mit sich bringen. Außerdem wurde in den Medienberichten bisher dieses „spezielle Thema“ nicht großartig angesprochen, sondern nur speziell immer „USA – EU“.

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