Einen Leserbrief zu den Waffenlieferungen in den Irak hat Peter Aichelin aus Schwäbisch Hall geschrieben. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Leserbrief in voller Länge.
Leserbrief von Peter Aichelin, Schwäbisch Hall
Keine Waffen an Milizen in Kriegsgebieten
Ausgerechnet an einem Sonntag hat die Bundesregierung den folgenschweren Entschluss gefasst, Waffen an die Kurden zu liefern. Dieser Termin war nötig, damit die Sachsen, die wie alle Bundesbürger mehrheitlich gegen die Waffenlieferungen in den Irak sind, zuvor noch die Regierungsparteien wählen sollten. Am 1. September 2014, dem Antikriegstag, an dem sich der Beginn des 2. Weltkrieges zum 75. Mal gejährt hat, sollte der Bundestag dem zustimmen, was bisher nur illegal möglich war: Waffen an Milizen in Kriegsgebieten zu liefern.
Weit über 1000 Menschen durch Giftgas getötet
Es ist keineswegs zu übersehen, dass die Lage der Bevölkerung in Kurdistan katastophal ist. So katastrophal wie die der Palästinenser im Gaza-Streifen oder die der Syrer in den von der Regierung umkämpften Gebieten. Vor ziemlich genau einem Jahr wurden dort an einem Tag weit über 1000 Menschen durch Giftgas getötet, jeden Tag sterben dort Menschen durch „Fassbomben“, große Säcke voll Sprengstoff, die von Hubschraubern aus auf Häuser abgeworfen werden. Libyen, Ukraine, Nigeria … man könnte die Liste erschreckend lange fortführen. Die Situation der Bevölkerung ist katastrophal. Ob ausgerechnet Waffen die Situation verbessern, ist sehr die Frage. Die Regierung sieht unter all den Kriegsgebieten im Nordirak eine außergewöhnliche Situation, die man nicht als Präzendenzfall für andere Konflikte sehen dürfe. Vielleicht deshalb, weil hier mit Waffen gekämpft wird, die die USA zunächst an Saddam Hussein gegen den Iran geliefert hat, danach in zwei Irakkriegen selbst Waffen mitgebracht hat, um die Iraker von Saddam und seinen nirgends auffindbaren Giftgaslagern zu befreien. Und die jetzt der ISIS in die Hände fallen, wenn irakische Soldaten in Panik ihre Stützpunkte verlassen und alles Material der ISIS zurücklassen. Wenn so viele Waffen im Spiel sind, kann das nur durch weitere Waffen beendet werden: So ist die Logik aller Kriege seit dem 1. Weltkrieg dessen Beginn vor 100 Jahren zur Zeit sämtliche Ausstellungsräume Deutschlands und auch Schwäbisch Halls füllt.
Türkei, Libanon und Jordanien nehmen am meisten Flüchtlinge auf
Andere Möglichkeiten als Waffenlieferungen scheinen der Bundesregierung nicht nur nicht in den Sinn zu kommen, sie werden direkt verhindert: Während 10 Millionen dort auf der Flucht sind, wehren sich die Innenminister der Länder aus der Partei der Kanzlerin, die Zahl der Flüchtlinge, die Deutschland aufnimmt, auf über 20.000 zu erhöhen. Sie sollen also – nun von Waffen geschützt – in den Konfliktgebieten bleiben oder von Staaten aufgenommen werden, die schon jetzt die Hauptlast tragen, wie die Türkei (800.000 Flüchtlinge), der Libanon (1,1 Millionen) oder Jordanien (600.000).
Zivile Aufbauarbeit ist für Bundesregierung nicht unterstützenswert
Gleichzeitig hat die Finanzverwaltung dem Verein „about change“, der Bildungsprojekte und Kommitees zum Aufbau einer Zivilgesellschaft unterstützt, um Syrien eine Zukunft jenseits von Assad und von Islamismus zu ermöglichen, die Gemeinnützigkeit aberkannt. Damit sind Spenden für diese Aufgabe nicht mehr von der Steuer absetzbar. Zivile Aufbauarbeit, die jeden Euro dringend braucht, scheint der Bundesregierung nicht unterstützenswert.
Weltmarktführer bei den Waffen
Oder geht es etwa auch darum, die deutsche Position im Waffengeschäft zu stärken? Weltmarktführer bei den Waffen, denen die meisten Menschen zum Opfer fallen, den Handfeuerwaffen, ist Baden-Württemberg schon lange. Wohl nicht umsonst hat sich die Waffenschmiede Heckler&Koch bei Ihrem Geschäftsjubiläum bei ihrem Wahlkreisabgeordneten, dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, für seine Unterstützung bedankt.