Die Griechen haben in einer demokratischen Wahl mehrheitlich entschieden, dass sie eine weitere soziale Verelendung in ihrem Land nicht mehr (er-)dulden. Sie haben die regierenden Konservativen abgewählt, weil das Leben unerträglich geworden ist: ein Drittel der Bevölkerung lebt in Armut, soziale Absicherungen wurden massiv geschwächt, der Mindestlohn um 22 Prozent gesenkt und ausgerechnet die unteren Einkommensgruppen wurden zusätzlich steuerlich belastet.
Kommentar von Uli Simon, Vellberg, attac-Gruppe Schwäbisch Hall
Ärztliche Versorgung nur noch in Notfällen
Die Arbeitslosigkeit liegt jetzt bei 27 Prozent, von den Jugendlichen sind sogar über 50 Prozent arbeitslos. Vielen Menschen fehlen ausreichende Mittel für Nahrung, Strom, Heizung und Wohnung. Ein Drittel der Bevölkerung hat keine Krankenversicherung mehr und bekommt nur noch in Notfällen Zugang zu ärztlicher Versorgung.
77 Prozent des Geldes ging an Banken und Hedgefonds in Europa
Es wurde eine Politiker-Kaste abgestraft, die die Krisenlasten auf die Schwächsten abgewälzt hat und das im Namen Europas! Die Milliarden, die nach Griechenland geflossen sind, wurden vor allem für die Stabilisierung des Finanzsektors verwendet. Eine von attac Österreich erstellte und unumstrittene Analyse hatte zum Ergebnis, dass 77 Prozent der bis Mitte 2013 geflossenen 207 Milliarden Euro an Banken und Hedgefonds in Europa geflossen sind.
Politik des Abbaus
Mit Reformen, die an den tatsächlichen Problemen Griechenlands ansetzen, hatte diese abgewählte konservativ-sozialdemokratische Krisenpolitik und hatten die meisten erpresserischen Auflagen der Troika nichts zu tun. Keines der strukturellen Probleme des Landes wurde gelöst, es wurden aber zusätzliche geschaffen. Es war eine Politik des Abbaus, nicht des Aufbaus. Wirkliche Strukturreformen, die diesen Namen verdienen, bahnen Wege zu neuen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Landes, anstatt eine hochqualifizierte junge Generation ins Ausland zu vertreiben. Wirkliche Strukturreformen machen ernst mit der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuerflucht. Stattdessen ließ der konservative Finanzminister eine Liste mit griechischen Steuerhinterziehern, die ihm vom Internationalen Währungsfonds übergeben wurde, einfach in seinem Ministerium verschwinden. Als sie wieder das Licht der Öffentlichkeit erblickte, fehlten in ihr die Namen seiner eigenen Familienmitglieder… Und das vor den Augen der berühmt-berüchtigten Troika!
Ernsthaften Dialog mit der neuen Regierung führen
Wenn die Griechen mehrheitlich diese korrupte Politikerkaste abgewählt haben, so sollte Europa sie unterstützen. Nicht einfach durch weitere „naive“ Kredite, sondern durch einen ernsthaften Dialog mit der neuen Regierung, die offensichtlich „noch nicht korrupt“ sei, wie der neue griechische Finanzminister sarkastisch anmerkte. Dazu braucht es Zeit. Es darf kein Strohfeuer sein.
Übermächtige Lobby der Finanzkonzerne
Es ist üblich, einer neuen Regierung zunächst einmal 100 Tage Zeit zu geben. Diese Zeit muss Europa sich selbst einräumen. Denn wird eine solche Volksabstimmung nicht respektiert, was soll dann geschehen, wenn in anderen Ländern demokratisch ein politischer Wechsel gewählt wird? Was ist dann Demokratie im Verhältnis zur übermächtigen Lobby der Finanzkonzerne überhaupt noch wert? Ein »Weiter so« darf es nicht geben!
Weitere Informationen im Internet über die Organsation attac: