Einen „Offenen Brief“ haben die Jusos Bayern am 16. Juni 2015 an Sigmar Gabriel geschrieben. Gabriel ist SPD-Bundesvorsitzender. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Brief der Bayern-Jusos in voller Länge.
Offener Brief der Jusos Bayern
Lieber Sigmar, es reicht!
Wir haben uns ja schon öfter gefragt, welche Überlegungen hinter so manchem öffentlichkeitswirksamen Auftritt unseres Parteivorsitzenden stehen. Mit deinem Gastbeitrag zum drohenden Euroaustritt Griechenlands hast du dich aber in vielerlei Hinsicht selbst übertroffen.
Blanke Hetze
In Europa wachse die Stimmung „Es reicht“, erzählst du da in jener Bildzeitung, die seit Beginn der Krise mit blanker Hetze gegen „die faulen Griechen“ die Stimmung an den deutschen Stammtischen anheizt. Gemeint hast du damit die erneut stockenden Verhandlungen über Schuldenschnitte und Kredite mit der griechischen Regierung. Du redest von „Spieltheoretikern“ und „Zockern“, von „Kommunisten“ und „überzogenen Wahlversprechen“. Und, damit der sprichwörtliche deutsche Stammtisch auch brav applaudiert, müssen natürlich auch wieder die „deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien“ herhalten.
Deutsche Banken werden gerettet
Lieber Sigmar, in der Tat: Es reicht! Es reicht ganz Europa der deutsche Chauvinismus und die süffisante Überheblichkeit, mit der du und andere VertreterInnen der deutschen Regierung gegenüber Griechenland und anderen krisengebeutelten Staaten auftreten! Es reicht den Menschen in Griechenland die aufgezwungene Sparpolitik der Troika, die jede eigenständige wirtschaftliche Entwicklung verhindert! Es reicht jedem Menschen mit einem Fünkchen internationaler Solidarität im Herzen die ewig gleiche Nummer, bei der die RentnerInnen in Deutschland gegen die RentnerInnen in Griechenland ausgespielt werden, während fröhlich die finanziellen Interessen deutscher Banken in der „Schuldenkrise“ gerettet werden.
Nicht im trübbraunen Wasser fischen
Und es reicht uns Jusos dein blanker Populismus, mit dem du dich vor den Karren der Griechenlandhetze aus dem Haus Springer spannen lässt. Wir erwarten mehr von einem Vorsitzenden der SPD, als unreflektiert Stammtischparolen zu wiederholen und im trübbraunen Wasser zu fischen. Wir erwarten von dir als sozialdemokratischem Wirtschaftsminister, dass du Menschen Ängste vor der Krise nimmst und rechtspopulistische Kurzschlüsse enttarnst, anstatt mit ihnen zu spielen. Und wir erwarten, dass du auch die eigene Krisenpolitik kritisch hinterfragst, anstatt einfach die Schuld auf die neue griechische Regierung zu schieben.
Nationalem Chauvinismus den Kampf ansagen
Lieber Sigmar, die Sozialdemokratie ist eine internationalistische Bewegung, die Solidarität mit Menschen großschreibt. Das heißt für uns, dem Populismus, der Panikmache und dem nationalen Chauvinismus den Kampf anzusagen. Es wäre schön, wenn auch du dich diesen Werten verpflichtet fühltest und in Zukunft auf derart plumpe Debattenbeiträge verzichten könntest. Uns jedenfalls reicht es schon lange – und zwar mit solchen Aussagen von dir!
Mit solidarischen Grüßen
Deine Jusos Bayern