Wegen des Tiersterbens in der Jagst nach dem Mühlenbrand in Kirchberg-Lobenhausen hat Hohenlohe-ungefiltert beim Landratsamt Schwäbisch Hall nachgefragt. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die Fragen und die Antworten in voller Länge. Für das Landratsamt Hall hat Bürgerreferentin Christina Ilg am 14. September 2015 geantwortet. Die Fragen stellte Ralf Garmatter.
Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Hohenlohe-ungefiltert: 1. Warum wird von einer Fachfirma (Firma Schön) derzeit noch Flüssigkeit von der Mühle in Lobenhausen abgepumpt?
Landratsamt Schwäbisch Hall: Es werden Reinigungsarbeiten durchgeführt bei denen Reinigungswasser anfällt.
2. Um was für ein Wasser handelt es sich?
Reinigungswasser mit Resten von Düngemittel verunreinigt.
3. Mit was und wie stark ist das Wasser verunreinigt?
Ergebnisse liegen noch nicht vor.
4. Wo lagert dieses Wasser derzeit in der Mühle?
Die Reinigungsarbeiten sind im Wesentlichen abgeschlossen. Es wird kein Reinigungswasser mehr gelagert. Das bei der Reinigung anfallende Wasser wurde aus dem Löschwasserrückhaltebecken und der Waagengrube entnommen.
5. Wohin wird das Wasser gebracht?
Das Wasser wird in einer Güllegrube bis zur Entsorgung zwischengelagert.
6. Wohin wird insbesondere das Wasser gebracht, das die Stadt Kirchberg mit einem Traktor und einem Wasserfass/Güllefass von der Brandstelle abtransportiert?
Zur Kläranlage der Stadt Crailsheim in ein Becken, das für den Regelbetrieb der Kläranlage nicht benötigt wird (während dem Brand und am nächsten Tag).
7. Wie sieht das Löschwasserrückhaltebecken in Lobenhausen aus? Bei einer Inaugenscheinnahme gestern habe ich kein derartiges Becken gesehen.
Das Rückhaltebecken ist zweigeteilt. Die Teilung erfolgt durch ein Bohlenschott. In dem alten Kanal bis zur ehemaligen Turbine wurden Boden und Seitenwände betoniert. Der zweite Teil ist gemauert. Das Rückhaltebecken ist nur vom Mühlengebäude aus zugänglich.
8. Gilt der alte Kanal als Rückhaltebecken? Wenn ja: Ist dieser am Grund und an den Seiten wasserdicht?
Der Mühlenbesitzer bezeichnet den ehemaligen Mühlkanal als Rückhaltebecken. Dieser ist zweigeteilt, die Teilung erfolgt durch ein Bohlenschott. Im alten Kanal bis zur ehemaligen Turbine wurden Boden und Seitenwände betoniert. Der zweite Teil ist gemauert. Nach der Genehmigungssituation war keine Löschwasserrückhaltung notwendig, weil nach dem Bauantrag keine wassergefährdenden Stoffe wie zum Beispiel Düngemittel gelagert werden sollten.
9. Warum liegen noch Feuerwehrschläuche im Mühlkanal? Welche Funktion haben diese?
Das Sickerwasser aus der Böschung wird auf der Wiese verteilt.
10. Wann wurde die zerstörte Halle und wurden die Silos in Lobenhausen genehmigt und gebaut?
Der Neubau einer Lagerhalle für landwirtschaftliche Produkte, drei Silos für Getreide, ein Silo für Holzpellets wurden am 30. Mai 2012 genehmigt. Wann mit dem Bau begonnen wurde ist nicht bekannt.
11. Wer hat die Gebäude und Bauwerke formell abgenommen?
Eine Abnahme des Gebäudes ist nicht erfolgt, weil nicht alle Unterlagen für die Abnahme vorlagen.
12. Wer war die genehmigende Behörde?
Das Landratsamt Schwäbisch Hall.
13. Durften wassergefährdende Stoffe gelagert werden? Wenn ja: Wie viel?
Nein.
14. Welche Stoffe gelten als wassergefährdend – zählt Kunstdünger auch dazu?
Kunstdünger ist ein wassergefährdender Stoff.
15. Warum wurde in der Brandnacht und auch an den Tagen direkt danach
kein Katastrophenalarm ausgelöst?
Weil keine Katastrophe im Sinne des Katastrophenschutzgesetzes vorlag.
16. Welche/r Funktionsträger des Landratsamts war/en in der Brandnacht in Lobenhausen vor Ort?
Der Kreisbrandmeister.
17. Wer hatte in der Brandnacht und wer in den Tagen danach die Kommandogewalt bezüglich der Löscharbeiten, der Katastrophenbekämpfung und der Schadstoffbeseitigung?
In der Brandnacht der Feuerwehrkommandant von Kirchberg, danach der Krisenstab im Landratsamt.
18. Nach welchen Kriterien werden die Gutachter (Biologen etc.) ausgewählt, die die Jagst untersuchen?
Ein externer Gewässerbiologe mit Erfahrungen auf dem Gebiet der WRRL (EU-Wasserrahmenrichtlinie) und bereits erfolgter Beauftragung zur Beprobung und Bewertung der biologischen Gewässergüte anhand der Wirbellosen durch die LUBW wurde ausgesucht.
19. Warum schreibt das Landratsamt in einer Pressemitteilung, dass die Jagst ökologisch nicht geschädigt sei?
Diese Aussage bezieht sich auf die am Gewässergrund lebende so genannte benthische Fauna, das Makrozoobenthos. Dieser kommt eine besondere ökologische Bedeutung hinsichtlich der Nahrungskette im Gewässer zu. Die Fischfauna ist gutachterlich nicht untersucht worden. Dies wird aber auch in der Pressemitteilung näher erläutert. Link zur Pressemitteilung des Landratsamts: http://www.lrasha.de/index.php?id=290?&no_cache=1&publish[id]=392845&publish[start]=
20. Gilt ein massives Fischsterben noch kilometerweit unterhalb der Brandstelle nicht als ökologischer Schaden?
Siehe dazu Antwort auf Frage 19.
21. Wie sind die aktuellen Schadstoffwerte in der Jagst?
Zur Beantwortung siehe Pressemitteilungen auf der Homepage des Landratsamts Schwäbisch Hall. http://www.lrasha.de/index.php?id=290?&no_cache=1&publish[id]=393231&publish[start]=
22. Lagern sich Schadstoffe in den Pflanzen ab?
Die Jagst ist bekannt für die hohe Anzahl an Wasserpflanzen. Diese als auch die Gruppe der Algen nehmen zur Produktion Nitrat und Ammonium als gelöste Stickstoffverbindungen auf. Eine Einlagerung in Form einer Anreicherung ist nicht anzunehmen, da diese Stoffe nicht als komplexe Herbizide oder Schwermetalle vorliegen.
23. Lagern sich Schadstoffe in den überlebenden Kleinlebewesen ab, die dann später von Fischen, Vögeln etc. gefressen werden?
Von einer nachteiligen Wirkung in der Nahrungskette ist nicht auszugehen, da keine Schwermetalle oder komplexe Herbizide eingetragen wurden. Eine schädigende Anreicherung war aufgrund der Vitalität der untersuchten Wirbellosenfauna im Gewässersohlen-Substrat nicht erkennbar. Die Schubbelastung mit kurzen Zeiten in der Nähe zur Brandstelle und von einem bis zwei Tagen mit verdünnter Konzentration weiter unterhalb in der Jagst hat kein akutes Schadbild des Makrozoobenthos an den untersuchten Probestellen ergeben, das aufgrund der hohen Konzentration in der Wasserfahne zunächst anzunehmen war. Ein tot aufgefundener Eisvogel im Bereich Kirchberg wird derzeit toxikologisch untersucht. Dabei wird auch die Todesursache geklärt. Weitere Untersuchungen zur Fischfauna und zum Makrozoobenthos sind durch die LUBW und weitere Stellen vorgesehen.
24. Warum geht das Landratsamt von Brandstiftung oder einem fahrlässigen Fremdverschulden aus? Welche konkreten Indizien gibt es dafür?
Wird polizeilich ermittelt.
25. Wurden Spuren von Brandbeschleuniger oder anderes gefunden?
Wir verweisen auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen.
26. Hat es in der Brandnacht ein Fest/eine Party in, an oder um die Lobenhausener Mühle herum gegeben?
Wir verweisen auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen.
27. Warum wird gegen den Mühlenbesitzer ermittelt?
Wir verweisen auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen.
Weitere Informationen im Internet zum Stichwort Katastrophenschutzgesetz:
Auswahl von Rechtsvorschriften des Bundes zum Bevölkerungsschutz:
Dokumente und Publikationen zum Thema Europäische Union und Katastrophenschutz:
Katastrophenschutz im Land Baden-Württemberg:
Vorschriften und Richtlinien:
Rechtsgrundlagen:
Weitere Informationen im Internet zum Landratsamt Schwäbisch Hall: