Irgendwo in Hohenlohe – Eine Fortsetzungsgeschichte von Birgit Häbich: Der Episoden fünfunddreißigster Teil. Die geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Es werden keine realen Namen von Personen angegeben. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, lebenden oder toten Personen wären rein zufällig, und sind weder gewollt noch beabsichtigt.
XXXV Verrat
… Paula saß wie versteinert da. Sie kochte innerlich vor Wut und Zorn. Ihre Augen glichen einer dunkelgrünen, scheinbar flachen See aus der demnächst ein überwältigender Tsunami zu entspringen drohte: „Du hast mich nicht nur einfach verraten, sondern mich mit deinem gemeinen Verrat, beinah um meine Existenz gebracht.“
Rechtsverdreher
Und nach einer Weile, in der sie um Fassung rang, bohrte sie den Dolch in sein Herz: „Freund. Du? Du warst nie mein Freund. Du warst ein gemeiner, kleiner Rechtsverdreher. Du hast mich belogen und betrogen. Feig und hinterhältig hast du mich damals in der Verhandlung reingeritten. Du wusstest genau um die Folgen, du hast es darauf angelegt, die Verhandlung gegen Vorderschein zu verlieren. Du hast dich mit Fleiß* so derart blöd angestellt, dass es sogar dem Richter komisch vorkam.“
Folgenschwere Niederlage
Carl wurde leichenblass. Ihm wurde augenblicklich übel, er begann zu zittern. Er erinnerte sich an diesen schrecklichen Tag. Es war nicht nur eine der größten Niederlagen in seiner sonst so glänzenden Karriere als Anwalt – er hatte mit dem Prozessausgang seine geliebte Paula verloren. Er hatte seither nie so nüchtern die Folgen seiner damaligen Handlung betrachtet. Ja, sie hatte Recht, es gab nichts zu widerlegen, die Verhandlung verlief vollkommen daneben und endete mit einer folgenschweren Niederlage für Paula.
Unerfüllte Rachegelüste
„Rechtsbeistand. Ha, dass ich nicht lache.“ Paula presste die Worte kurz und hart heraus. Sie konnte diese Schmach bis heute nicht verwinden. „Beigestanden bist du den anderen, der Bagasch*, die mich um mein Haus bringen wollte. Und dann hast du jahrelang kein Wort mehr mit mir geredet.“ Paula schossen Tränen in die Augen, worüber sie nur noch wütender wurde. Carl Eugen sollte nicht denken, dass sie womöglich getröstet werden wollte, weil sie in ihm den Freund verloren hatte. Nein, im Vordergrund stand für Paula Engel ihr verlorenes Erbe. In ihr tobte ein mächtiger Gefühlssturm und sie trachtete immer noch und zuallererst nach Vergeltung. Unerfüllte Rachegelüste drängten sich in ihr Bewusstsein. Sie wollte Carl vernichtet am Boden sehen und so wütete sie weiter auf ihn ein.
Keine anderen Vergünstigungen
„Berater. Ja, Du hast mich fein beraten – zu deinen Gunsten. Die Rechnung für deinen miserablen Rat musste ich bezahlen.“ Und setzte zum nächsten Hieb an: „Wieviel haben dir die Burschen dafür gegeben, dass du ihnen geholfen hast, mich um mein Erbe zu bringen? Haben es sich deine Kumpels wenigstens etwas kosten lassen?“ Carl Eugen Friedner brachte kein Wort mehr heraus, dass Paula ihn jetzt auch noch der Bestechlichkeit bezichtigte war zuviel für ihn. Er rang nach Luft und atmete nur noch ganz flach. Dann stammelte er: „Paula, ich bitte dich. Was traust du mir zu? Geld? Außerhalb ordentlich gestellter Rechnungen, habe ich von niemandem Geld angenommen … und auch keine anderen Vergünstigungen.
Untreue
„Vielleicht dann Weiber?“ bohrte Paula sofort nach. „Der Fieläckerle hat doch bestimmt gern für euer leibliches Wohl gesorgt. Und was war mit der entfernten Cousine, als du meinen Onkel besucht hast. Damals am Bodensee?“ Und sie musste sich dabei widerwillig eingestehen, dass sie nicht wusste was schmerzlicher an ihr nagte, der Gedanke an Carls Untreue oder die Schmach des verlorenen Eigentums.
Platonisch
Carl fühlte sich ertappt. Wenn auch dieser Vorwurf Paulas nur ungefähr berechtigt war. Ja, er erinnerte sich daran. Er hatte sich einmal im Zuge der Verhandlungen über ein Hilfsangebot des Onkels von Paula, auf ein kurzes Abenteuer am Rande eingelassen. Es war ihm damals nicht in den Sinn gekommen, dass Paula ihm dies als Fehltritt auslegen könnte, oder ihm gar übelnehmen würde. Schließlich war zwischen ihm und Paula nie die Rede von sexueller Treue gewesen. Ihr Verhältnis blieb bei aller Vertrautheit doch stets platonisch. Obwohl er es sich manchmal anders wünschte, wagte Carl es doch nie, sich Paula zärtlich zu nähern. Paula Engel gab sich stets spröde, wenn es um liebevolle Gesten ging. Sie ließ an ihrer Abneigung gegen körperliche Annäherung keinen Zweifel. Zu intimer Nähe hatte sie lediglich Spott und Häme geäußert.
Persönliches Versagen
Und so teilte Carl, wenn es sich zufällig ergab, die angebotenen sinnlichen Genüsse gelegentlich mit anderen Frauen. Und bevor er sich fragen konnte, woher Paula eigentlich von dem beiläufigen Abenteuer in jenem längst vergangenen Spätsommer wusste, insistierte* sie erneut: „Warum hast du bei der Gerichtsverhandlung so kläglich versagt?“. Und plötzlich nahm Carl den verzweifelten Ton in Paulas Stimme wahr. Liebte sie ihn doch mehr als sie es zu zeigen bereit war? War sie deswegen so derart unversöhnlich? Wog für Paula, neben dem materiellen Verlust, sein persönliches Versagen als Freund und Mann doch so schwer?
Machtfragen
Carl sammelte sich – emotionsgeladene Diskussionen war er schließlich gewöhnt – ignorierte das aufgetauchte Magenzwicken und setzte seinen nüchternen Verstand ein, um der tränenreichen Situation eine Wende zu geben. „Der Fieläckerle hat uns natürlich Frauen angeboten, aber mich haben auch immer die Machtfragen interessiert, genau wie dich, wer da mit wem unter einer Decke steckt… Fortsetzung folgt.
Erläuterungen:
*mit Fleiß: etwas absichtlich tun oder lassen,
*Bagasch: üble Gesellschaft, Sippschaft, Lumpenpack,
*insistieren: beharren, einwenden, dringen,
Wer hat auch schon eine Immobilie verloren?
Sollte sich jemand aus der Leserschaft, durch die Beschreibung der Machenschaften daran erinnert fühlen, wie eine Immobilie verloren gegangen ist, können sich diejenigen gern an die Autorin wenden.
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