Nach dem Mühlenbrand in Kirchberg-Lobenhausen sind fast keine Fische mehr in der Jagst. Das baden-württembergische Umweltministerium hat die Auswirkungen des Mühlenbrandes vom 22./23. August 2015 untersucht. Das Ergebnis ist erschreckend: Der Fischbestand in der Jagst ist stellenweise nahezu ausgelöscht.
Informationen des Südwestrundfunks (SWR) vom 5. Oktober 2015
Kaum noch Fische, Muscheln und Steinkrebse
Auf einer Strecke von zehn Kilometern gibt es kaum noch Fische. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Umweltministerium am Montag (5. Oktober 2015) in Stuttgart vorgelegt hat. Das gleiche gelte für Muscheln und Steinkrebse. (…)
Erst im Frühjahr 2016 kann Bilanz gezogen werden
(…) Außerdem seien bis 45 Kilometern unterhalb der abgebrannten Mühle auch bei zunächst überlebenden Fischen geschädigte Kiemen entdeckt worden. Die Experten gehen davon aus, dass solche Tiere den Winter möglicherweise nicht überstehen. Deshalb könne man erst im Frühjahr 2016 wirklich sagen, wie schwer die Jagst durch das verunreinigte Löschwasser wirklich geschädigt wurde. (…)
Den ganzen SWR-Artikel zum Nachlesen im Internet:
Informationen des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 5. Oktober 2015:
Umweltkatastrophe Jagst – Fischsterben in der Jagst:
Vorläufige Abschätzung der ökologischen Auswirkungen des Großbrandes in der Lobenhausener Mühle veröffentlicht
Bei einem Mühlenbrand in Kirchberg im Landkreis Schwäbisch Hall am 23. August 2015 war ammoniumnitrathaltiges Düngemittel mit Löschwasser in die Jagst geflossen. Aus dem Ammonium entsteht das insbesondere für Fische hochgiftige Ammoniak. Die LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Karlsruhe, die Fischereiforschungsstelle (FFS) in Langenargen und das Regierungspräsidium Stuttgart haben heute eine vorläufige Abschätzung der ökologischen Auswirkung des Großbrandes in der Lobenhausener Mühle vorgelegt.
Umweltminister Franz Untersteller (Grüne): „Der Bericht verdeutlicht, dass wir erst im Frühjahr 2016 abschließend Klarheit darüber haben werden, wie schwer die Jagst tatsächlich beeinträchtigt ist.“
Geschädigte Kiemen
Der nun veröffentlichte Bericht zeigt, dass der Fischbestand auf einer Strecke von zehn Kilometern nahezu ausgelöscht wurde. Insgesamt wurden in den ersten Tagen nach dem Großbrand annähernd 20 Tonnen Fische tot aus der Jagst geborgen. Bis 45 Kilometer unterhalb der abgebrannten Mühle wurden zudem auch bei zunächst überlebenden Fischen geschädigte Kiemen vorgefunden. „Die Expertinnen und Experten rechnen damit, dass insbesondere im Winter von einer erhöhten Sterblichkeit bei Fischen ausgegangen werden muss. Daher sind weitere Untersuchungen im Herbst sowie im Frühjahr 2016 vorgesehen. Wir werden erst im Frühjahr 2016 abschließend Klarheit darüber haben werden, wie schwer das verunreinigte Löschwasser die Jagst tatsächlich geschädigt hat“, sagte Umweltminister Franz Untersteller heute (5.10.2015) in Stuttgart.
Naturschutzminister Alexander Bonde: „Fischbestand in der Jagst und voraussichtlich auch Muscheln sowie Krebse nach aktuellem Erkenntnisstand stark geschädigt.“
Steinkrebs- und Muschelbestände erheblich geschädigt
„Jedoch steht schon jetzt fest, dass der Fischbestand durch die ökologische Katastrophe in der Jagst stark geschädigt wurde. Nach den nun vorliegenden Erkenntnissen sind auch die Vorkommen des seltenen Steinkrebses sowie Vorkommen von Großmuscheln erheblich geschädigt. Um eine abschließende Aussage zur Beeinträchtigung dieser Arten treffen zu können, werden die Steinkrebs- und Muschelbestände in den kommenden Monaten weiter untersucht“, sagte Naturschutzminister Alexander Bonde.
Wanderhindernisse wie Stauwehre durchgängig machen
Entgegen anfänglichen Befürchtungen kamen dagegen die wirbellosen Kleinlebewesen des Gewässergrunds, zum Beispiel Larven von Eintagsfliegen oder Steinfliegen, anscheinend unbeschadet davon. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass diese Tiere im so genannten Lückensystem des Gewässerbodens leben. Dazu kommt, dass bei der Niedrigwassersituation im August 2015 zuströmendes Grundwasser das Überleben der wirbellosen Tiere günstig beeinflusste. „Das zeigt einmal mehr, wie wichtig naturnahe und strukturreiche Gewässer mit kiesig-steiniger Sohle sind, die vielfältige Lebensräume für die Gewässerfauna darstellen“, betonte Umweltminister Untersteller. Notwendig sei es zudem, Wanderhindernisse wie Stauwehre zu beseitigen oder durchgängig zu machen, damit Fische und andere Arten in oberhalb gelegene Strecken ziehen können, so der Umweltminister weiter.
Auch Fische haben versucht, giftigem Wasser auszuweichen
„Obwohl sich Fische aufgrund ihrer Größe nicht so leicht verstecken können, wie dies bei Kleinstlebewesen der Fall ist, haben Beobachtungen von Expertinnen und Experten an der Jagst gezeigt, dass auch die Fische dem giftigen Wasser ausgewichen sind und ufernahe Bereiche aufgesucht haben“, sagte Naturschutzminister Bonde. „Dabei hat es den Fischen sehr geholfen, dass die vielen Helferinnen und Helfer Buchten abgeriegelt haben, in die das Wasser nicht einströmen konnte. So fanden die Fische vorübergehend Refugien vor, in denen sie überleben konnten“, sagte Minister Bonde.
Regierungspräsidium Stuttgart erarbeitet Aktionsprogramm Jagst
Um die Artenvielfalt in der Jagst wieder herzustellen und zu stabilisieren sowie den Fluss ökologisch zu verbessern, erarbeitet das Regierungspräsidium Stuttgart derzeit das Aktionsprogramm Jagst. „Das Aktionsprogramm wird auf den vorhandenen Zielen und Plänen nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie sowie auf den Zielen des Naturschutzes aufbauen“, sagten die Minister Untersteller und Bonde. Dabei werde geprüft, ob und inwieweit durch geeignete Maßnahmen die Widerstandskraft des Ökosystems verbessert werden könne. Auch die Erholungs- und Freizeitfunktion der Jagst für die Bürgerinnen und Bürger werde dabei berücksichtigt. Untersteller und Bonde betonten, dass das Aktionsprogramm unter Einbeziehung der betroffenen Behörden sowie der Öffentlichkeit, insbesondere Vereine und Verbände, erarbeitet werden solle.
Uferbereiche renaturieren
„Das Land geht mit gutem Beispiel voran“, betonte Umweltminister Untersteller. Bereits in den nächsten Wochen werde der Landesbetrieb Gewässer im Regierungspräsidium Stuttgart erste Maßnahmen in Angriff nehmen, um die Lebensbedingungen von Fischen und Kleintieren in der Jagst zu verbessern. Dazu werden zum Beispiel Uferbereiche renaturiert, im Flussbett Kiesinseln angelegt und verlandete Altarme entschlammt, so dass sich wieder wertvolle Biotope entwickeln können. „Darüber hinaus ist mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds geplant, das im Eigentum des Landes stehende und nicht mehr benötigte Wehr an der Gaismühle baldmöglichst abzubrechen, um die Durchgängigkeit der Jagst für die Gewässerlebewesen zu verbessern“, sagte Minister Bonde.
Dank an alle Helfer
Beide Minister sprachen abschließend allen, die bei der Analyse und den Untersuchungen zur ökologischen Katastrophe an der Jagst mitgewirkt haben sowie allen, die vor Ort tatkräftig mit angepackt hatten, ihren Dank aus.
Weitere Informationen des Umweltministeriums Baden-Württemberg:
Umweltkatastrophe in der Jagst im Überblick: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/presse-service/presse/pressemitteilung/pid/-2c71c56d3a/
Bericht „Fischsterben in der Jagst – Vorläufige Abschätzung der ökologischen Auswirkungen des Großbrandes in der Lobenhausener Mühle“ – Als PDF-Datei zum Herunterladen:
Bericht_Fischsterben_in_der_Jagst_Endfassung