Horst Seehofer und seine CSU scheinen sich im verbalen Ausnahmezustand zu befinden. Kein Tag vergeht, an dem nicht eine schlagzeilenträchtige Parole durch den Äther geblasen wird.
Leserbrief von Paul Michel, Schwäbisch Hall
CSU-Hetze gegen Flüchtlinge
Einmal wollen die bayrischen Biertischpolitiker Flüchtlinge nach Österreich zurückschicken, dann wollen sie a la Orban einen Zaun bauen, jetzt sind es „Transitzonen“, in denen im Kampf gegen Flüchtlinge ein Ausnahmerecht gelten soll. Weil es – ganz im Geist von Franz-Josef Strauß – nichts Rechts von der CSU geben darf, hetzen CSU Politiker gegen Flüchtlinge in einer Art, dass Unterschiede zur AfD und NPD nur noch schwer auszumachen sind. Dass seine Worte als rhetorische Brandbeschleuniger wirken könnten, kümmert Seehofer offenbar nicht.
Bierzeltkrakeeler aus Bayern
Die meisten Politiker aus den beiden anderen Regierungsparteien (CDU und SPD) unterscheiden sich allenfalls in der Tonlage von Bierzeltkrakeelern aus Bayern. „Willkommen“ ist bei ihnen passe. Unisono ist jetzt zu hören: “Der jetzige Zuzug überfordert uns“.
Skandalöse Überbelegung der Massenunterkünfte
Nun soll ja nicht bestritten werden, dass der starke Zuzug von Flüchtlingen Probleme schafft. Auffällig ist allerdings, dass von den verantwortlichen Politikern immer nur solche Maßnahmen gefordert werden, die dazu geeignet sind, Flüchtlinge zu schikanieren, ihre Anerkennung als Asylbewerber zu erschweren und sie schneller abzuschieben. Andere Maßnahmen werden erst gar nicht in Betracht gezogen. Niemand nennt als Maßnahme zur Beschleunigung der Verfahren die rasche und unbürokratische Anerkennung von Syrern, Afghanen oder Eritreern, die ohnehin eine hohe Anerkennungsquote haben. Es ist auch kein Thema, dass es angesichts der skandalösen Überbelegung der Massenunterkünfte oberstes Ziel sein sollte, die Menschen dezentral unterzubringen. Viele Kommunen bemühen sich auch um dezentrale Unterbringung. Dagegen sieht das neue Gesetz der Bundesregierung einen verlängerten Aufenthalt in den Massenunterkünften vor. Obwohl es klar ist, dass die Probleme bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen auf die Dauer nicht mit Freiwilligen alleine zu lösen sind, ist die Einstellung zusätzlicher Kräfte kein Thema. Es passt ganz ins Bild, dass die Regierung jetzt den erst vor wenigen Monaten beschlossenen Vorrang von Taschengeld vor Sachleistungen wieder außer Kraft setzen will, obwohl bekannt ist, dass die Organisation von Gutscheinen oder Sachleistungen bürokratisch viel aufwendiger und teurer ist als die Auszahlung von Taschengeld.
Internierungslager mit Gefängnischarakter
Während unzählige Bürgerinnen und Bürger in diesem Land sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, hecken christdemokratische Politiker in ihrer engstirnigen und kaltherzigen Fixierung auf Abschottung und Abschiebung immer monströsere menschenfeindliche Projekte aus. Jüngstes Produkt dieser krankenhaften Phantasie: „Transitzonen“ samt „Transitzentren“. Diese unverfänglich daherkommenden Begrifflichkeiten verschleiern, was damit gemeint ist: Internierungslager mit Gefängnischarakter, in denen Zehntausende von Menschen festgehalten würden, wo die möglichst rasche Abweisung von Asylanträgen in Schnellverfahren ohne Widerspruchsmöglichkeit einen zügigen Durchlauf garantieren soll. Bezeichnend ist übrigens, dass die vermeintliche „Flüchtlingskanzlerin“ Angela Merkel hier keineswegs Einspruch erhebt, sondern Zustimmung signalisiert.
Zeit für massenhaften Protest
Es ist höchste Zeit zum massenhaften Protest gegen diese Form von institutionalisierter Pegida und staatlichem Bösmenschentum!
Michel: „Niemand nennt als Maßnahme zur Beschleunigung der Verfahren die rasche und unbürokratische Anerkennung von Syrern, Afghanen oder Eritreern, die ohnehin eine hohe Anerkennungsquote haben.“
Syrer, Afghanen (übrigens eine Hunderasse!) und Eritreer asylrechtlich einfach durchwinken? Laut BaMF-Statistik wären auf diese Weise allein im September 16 784 Asylbewerber anerkannt worden, die keinen gesetzlichen Anspruch darauf gehabt hätten (Anerkennungsquoten: Syrer 91,2%, Eritreer: 83%, Asylbewerber aus Afghanistan: 44,3%).
Michel: „Jüngstes Produkt dieser krankenhaften Phantasie: „Transitzonen“ samt „Transitzentren“. Diese unverfänglich daherkommenden Begrifflichkeiten verschleiern, was damit gemeint ist: Internierungslager mit Gefängnischarakter.“
Transitzonen wären lediglich eine Ausweitung des seit 1993 geltenden „Flughafenverfahrens“ auf der Rechtsgrundlage von § 18a Asylgesetz auf Deutschlands Außengrenzen. Und sind angesichts der Anarchie an den deutsch-österreichischen Grenzübergängen, wo sich „Flüchtlinge“ mittlerweile den Grenzübertritt teilweise mit Gewalt erzwingen, längst überfällig.