Die Übernachtungsaktion der Milchbäuerinnen des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) ist am Sonntag, 17. Mai 2009, mit einer Abschlusskundgebung und einer Menschenkette vom Bundeskanzleramt bis zum Pariser Platz zu Ende zu gegangen. Annähernd 2.000 Menschen, darunter auch Vertreter anderer Verbände wie der BUND, die AbL und einzelne Politiker, bekundeten ihre Solidarität und nahmen an der Kundgebung und Menschenkette teil. Selbst aus dem europäischen Ausland (Österreich und Belgien) waren Milcherzeuger und Milcherzeugerinnen angereist, um den deutschen Berufskolleginnen ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen.
Von Anja Fuchs, Völkleswaldhof in Oberrot
Zum Hintergrund:
Die Bäuerinnen harrten seit Montag, 11. Mai 2009 , ununterbrochen vor dem Bundeskanzleramt in Berlin aus, um ihrer Forderung nach einem Milchkrisengipfel unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel Nachdruck zu verleihen. Die Dringlichkeit ihres Anliegens unterstrichen sechs Bäuerinnen, indem sie seit Mittwoch in den Hungerstreik traten.
Die Milchpreise sind mittlerweile so niedrig, dass die Milcherzeuger nicht nur nichts mehr verdienen, sondern beim Melken jeden Tag Geld verlieren. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, den viele Milcherzeuger nicht überleben werden, wenn nicht schnell die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Die Bäuerinnen und mit ihnen der BDM fordern deshalb die Bundeskanzlerin dringend auf, sich auf EU-Ebene in Absprache mit den anderen Regierungschefs für die Flexibilisierung der Quotenregelung einzusetzen. Die Angebotsmenge muss dringend flexibel an die Nachfrage angepasst werden, damit sich auf dem Markt ein kostendeckender Milchpreis für die Milcherzeuger bilden kann.
Aus den Landkreisen Schwäbisch Hall/Hohenlohe waren am Sonntag fast 40 Bäuerinnen und Bauern wieder mit dabei.
Vergangene Woche wurden elf Bäuerinnen aus Hohenlohe in Berlin auch vom Bundestagsabgeordneten Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zu einem Gespräch eingeladen. Sie erklärten ihm noch einmal ausführlich die Lage der Milchviehhalter und welche Lösungen der BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) vorschlägt. Die Hohenloher Bäuerinnen sind nach eigenen Aussagen nicht nach Berlin gegangen, um ihre Hände aufzumachen und nach mehr Geld zu schreien. Sie sind nach Berlin gegangen, um einen Europäischen Milchkrisengipfel mit Bundeskanzlerin Merkel zu fordern, der endlich die Rahmenbedingungen in der deutschen und sogar europäischen Milchproduktion zu Gunsten der Milchviehalter ändern kann. Aber soetwas müsse politisch gewollt sein und „leider ist es dies noch nicht der Fall, weil vor allem der Deutsche Bauernverband gegen die Änderung der Rahmenbedingungen in der deutschen Milchproduktion ist“. so die Hohenloher Bäuerinnen. Der Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten will sich nach eigenem Bekunden um die Anliegen der Milcherzeuger kümmern, ebenso fordert er vom Bauernverband die Mitgliederzahl seiner aktiven Milcherzeuger offen zu legen.
Resümee zur Aktion:
Romuald Schaber, Vorstandsvorsitzender des BDM, äußerte sich voller Hochachtung für das uneingeschränkte Engagement und die Ausdauer der Bäuerinnen: „Es ist das erste Mal, dass Bäuerinnen die Initiative in dieser Art ergriffen haben. Ihre einzigartige Aktion ist damit ein wichtiger Meilenstein, wenn es darum geht, das Anliegen der Milcherzeuger in die Öffentlichkeit zu tragen. Gerade auch die sechs Frauen, die sich persönlich für einen Hungerstreik entschieden haben, haben klar gemacht, dass schnelle und durchgreifende Lösungen nötig sind.“ Die Solidarisierung der Bevölkerung mit den Frauen und auch das Medieninteresse waren außergewöhnlich groß. Viele Verbraucher signalisierten mit Emails, SMS und persönlichen Besuchen Verständnis und Unterstützung und bestärkten die Frauen darin weiterzukämpfen.
Umso bedauerlicher ist es laut Schaber, dass sich Bundeskanzlerin Merkel nicht dazu durchringen konnte, sich die Anliegen der Bäuerinnen wenigstens anzuhören. Auch aus ihrem politischen Umfeld war nicht zu hören, ob sie tatsächlich etwas unternehmen will, um die Situation der Milcherzeuger zu verbessern. „Die Milcherzeuger des BDM werden die nächsten drei Wochen beobachten, ob für die Milchbauern wirklich substanziell etwas getan wird“, kündigt Romuald Schaber an. „Ich bin mir sicher, dass dieses Verhalten dann ganz wesentlich bei der Wahlentscheidung der Bauern eine Rolle spielen wird.“