Spektakulär war am Montag, 28. November 2016, nur das Polizeiaufgebot beim Amtsgericht Crailsheim (Schlossplatz 1). Mehrere Polizeitransporter standen vor dem Gerichtsgebäude. Draußen und im Gerichtsgebäude wimmelte es von Polizeibeamten. Im Gerichtssaal selbst war kein uniformierter Polizist. Die Güteverhandlung der Zivilkammer wegen Unterlassung und Schmerzensgeld endete mit einem Vergleich. Jede Partei übernimmt die eigenen Kosten. Alles verlief friedlich.
Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Großes Polizeiaufgebot
Warum das große Polizeiaufgebot? Die Polizei hatte befürchtet, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen Menschen aus dem politisch linken und rechten Spektrum kommen könnte. Geklagt hatten aus dem rechten Lager Nelly R. u.a. (Kläger) mit ihrem Anwalt Alexander Heinig gegen Ute. F. (Beklagte). Neben der Klägerin, einer 36-jährigen Friseurin aus Wolpertshausen, saß ihr Ehemann. Beide haben schon für die NPD für den Landtag kandidiert und sind in der rechtsextremen Szene verwurzelt. Nelly R. hat auch bei der Bundestagswahl 2009 für NPD kandidiert.
Vorwurf der Kläger: Vier falsche Behauptungen
Der kleine Zuhörerraum im Crailsheimer Amtsgericht war besetzt mit einigen Freunden und Bekannten der Beklagten. Richter Stefan Heinz verlas die Vorwürfe der Kläger. Nach Angaben der Kläger habe die Beklagte geäußert, dass das Ehepaar R. sinngemäß den Auftrag gegeben habe, den Ex-Mann der Beklagten vor etwa vier Jahren von Rechtsradikalen „verschlagen“ zu lassen.
Die drei weiteren Vorwürfe:
– Die Beklagte solle gesagt haben, der Mann der Klägerin sei ein Rechtsradikaler und sehe aus wie ein Kindermörder.
– Die Beklagte solle gesagt haben, Frau R. sei eine gute Freundin von Beate Zschäpe und sei in den Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter im Jahr 2007 in Heilbronn beteiligt gewesen.
– Die Beklagte solle gesagt haben, dass die Tochter der Klägerin sich gegenüber der Tochter der Beklagten rassistisch geäußert habe.
„Rassistische Beleidigung“
„Drei von den vier Äußerungen habe ich nie getätigt“, sagte die Beklagte zu Beginn der Verhandlung. Sie bleibe aber bei der Behauptung, dass die Tochter der Klägerin ihre „pigmentierte“ Tochter rassistisch beleidigt habe. Nelly R. räumte ein, dass ihre Tochter zu dem anderen Mädchen sinngemäß gesagt habe, es klettere „wie ein Affe“. Weitere Aussagen zur Sache wurden in der Verhandlung nicht gemacht.
Mit dem richterlichen Vergleich verpflichtet sich die Beklagte, die drei streitigen Aussagen nicht zu machen.
Weitere Informationen zu den Klägern:
Aus der Kontext:Wochenzeitung vom 29. April 2015:
Link zum ganzen Artikel: http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/213/psychopath-und-hochstapler-2857.html
(…) Nelly R. bestreitet, von einer Ausspähaktion gewusst oder darüber berichtet zu haben. Ausführlich schildert sie ihre Treffen mit S. und mit Gronbach, von dem sie sich mittlerweile „gestalkt“ fühlt. Manchmal reagiert die Zeugin aggressiv während ihrer fast zweistündigen Vernehmung, manchmal wird sie laut. Als Nik Sakellariou, der SPD-Obmann, Details zu ihrer rechtsradikalen Gesinnung erfahren will, schießt sie sofort aus der Hüfte: „Ich behaupte ja auch nicht, dass Sie Kinderpornos anschauen.“ Wenn ein Bayern-München-Fan einen Mord begehe, werde nicht gleich der ganze Verein verboten. Und weiter: „Verbietet die NPD doch endlich, dann ist Schluss.“
Schneller Wechsel von rechts nach links
Mit den „Geisteskranken“ vom NSU will die Mutter von vier Kindern und Chefin von mehreren Angestellten, Auszubildende inklusive, nichts zu tun haben, ebenso wenig wie „mit Mördern, Vergewaltigern und Kinderschändern“. Aus der NPD, für die sie unter anderem 2011 Landtagskandidatin war („Die 8500 Euro hätte ich gerne genommen“), ist sie im vergangenen Dezember ausgetreten – angeblich auf Wunsch der Privatschule ihrer Kinder. Die sind allerdings inzwischen trotzdem rausgeflogen, was die Mutter nicht ihrer und der Gesinnung ihres Mannes zuschreibt, sondern der Berichterstattung der Medien. (…)
Haller Tagblatt vom 27. November 2014:
Link zum ganzen Artikel: http://www.swp.de/schwaebisch_hall/lokales/schwaebisch_hall/verbindung-von-rechtsextremer-friseurin-aus-wolpertshausen-zum-nsu_-11416732.html
(…) die Ältere der beiden ist eine bundesweit agierende Rechtsextremistin. Die Frau hatte 2009 bei der Bundestagswahl für die NPD kandidiert, ebenfalls bei der Landtagswahl 2011. Aus einem Schriftverkehr des Landeskriminalamts (LKA) an das entsprechende Bundesamt (BKA) wird deutlich, dass die in Roschinskoje (Kasachstan) geborene, 34-Jährige, stark in der Skinheadszene im Osten vernetzt ist. Es bestanden enge Kontakte zu Alexander Neidlein, NPD-Landesvorsitzender, der sich durch militante Aktionen einen Namen gemacht hat.
Der Mann der Friseurin ist ebenfalls in der Szene aktiv, unter anderem als Musiker. 2009 ermittelte das LKA Sachsen gegen ihn wegen Unterstützung der verbotenen Neonazi-Organisation „Blood and Honour“. Bei der Landtagswahl 2006 war er NPD-Ersatzkandidat für Lars Käppler (Wahlkreis Hall). (…)
Haller Tagblatt vom 17. April 2015:
Link zum ganzen Artikel: http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/rassismus-auf-dem-schulhof-8156886.html
(…) Juristisch ist der Zwist aber nicht ausgestanden. Die ehemalige NPD-Kandidatin hat gegen die Mutter Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt. Der Fall soll im Juni vor dem Amtsgericht Crailsheim verhandelt werden. Dabei hat die Klägerin prominenten Beistand: Der Jurist Alexander Heinig hat bereits einige Neonazis vertreten. Zudem sang er selbst in der Skinhead-Band „Ultima Ratio“ und soll bei „Noie Werte“ ausgeholfen haben. Von dieser Band tauchen Stücke als Hintergrundmusik im mutmaßlichen Bekennervideo des NSU auf. (…)
Haller Tagblatt vom 28. April 2015:
Link zum ganzen Artikel: http://www.swp.de/schwaebisch_hall/lokales/schwaebisch_hall/nsu-ausschuss-wertet-_krokus_-als-unglaubwuerdig-friseurin-will-ht-ausschliessen-8344278.html
(…) Für Nelly R. hat diese Geschichte politische Konsequenzen, wie sie am Ende mitteilt. Sie und ihr Mann seien kürzlich aus der NPD ausgetreten. Damit hätten sie den Ausschluss von zwei ihrer Kinder aus der Waldorfschule verhindern wollen – allerdings vergeblich. (…)