„Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen“ – Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den aktuell gültigen Traditionserlass der Bundeswehr in voller Länge

Wegen rechtsextremistischer Soldaten wurde in Veröffentlichungen der vergangenen Wochen häufig auf den Traditionserlass der Bundeswehr aus dem Jahr 1982 verwiesen. Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht den Traditionserlass in voller Länge. Außerdem sind in diesem Artikel die deutschen Kasernen zusammengestellt, deren Namen in den vergangenen Jahren geändert wurden. Angehängt ist auch die Zentrale Dienstvorschrift der Bundeswehr A-2600/1 Innere Führung – Selbstverständnis und Führungskultur zum Thema „Politische Bildung“.

Informationen zusammengestellt von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr

Geschichte kann Tradition bilden, wenn sie als Verpflichtung für Gegenwart und Zukunft begriffen wird. In welcher Tradition sich die Bundeswehr sieht – und in welcher nicht – ist im Traditionserlass von 1982 geregelt.

Der Traditionserlass im Wortlaut:

Grundsätze

1. Tradition ist die Überlieferung von Werten und Normen. Sie bildet sich in einem Prozess wertorientierter Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Tradition verbindet die Generationen, sichert Identität und schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Tradition ist eine wesentliche Grundlage menschlicher Kultur. Sie setzt Verständnis für historische, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge voraus.

2. Maßstab für Traditionsverständnis und Traditionspflege in der Bundeswehr sind das Grundgesetz und die der Bundeswehr übertragenen Aufgaben und Pflichten. Das Grundgesetz ist Antwort auf die deutsche Geschichte. Es gewährt große Freiräume, zieht aber auch eindeutige Grenzen. Die Darstellung der Wertgebundenheit der Streitkräfte und ihres demokratischen Selbstverständnisses ist die Grundlage der Traditionspflege der Bundeswehr.

3. In der pluralistischen Gesellschaft haben historische Ereignisse und Gestalten nicht für alle Staatsbürger gleiche Bedeutung, geschichtliche Lehren und Erfahrungen nicht für alle den gleichen Grad an Verbindlichkeit. Tradition ist auch eine persönliche Entscheidung.

4. Traditionsbewußtsein kann nicht verordnet werden. Es bildet sich auf der Grundlage weltanschaulicher Überzeugungen und persönlicher Wertentscheidungen.

Dies gilt auch für die Bundeswehr mit ihrem Leitbild vom mündigen Soldaten, dem Staatsbürger in Uniform. Die Freiheit der Entscheidung in Traditionsangelegenheiten gilt innerhalb des Rahmens von Grundgesetz und Soldatengesetz.

5. Politisch-historische Bildung trägt entscheidend zur Entwicklung eines verfassungskonformen Traditionsverständnisses und einer zeitgemäßen Traditionspflege bei. Dies fordert, den Gesamtbestand der deutschen Geschichte in die Betrachtung einzubeziehen und nichts auszuklammern.

6. Die Geschichte deutscher Streitkräfte hat sich nicht ohne tiefe Einbrüche entwickelt. In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos missbraucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.

7. Alles militärische Tun muss sich an den Normen des Rechtsstaats und des Völkerrechts orientieren. Die Pflichten des Soldaten – Treue, Tapferkeit, Gehorsam, Kameradschaft, Wahrhaftigkeit, Verschwiegenheit sowie beispielhaftes und fürsorgliches Verhalten der Vorgesetzten – erlangen in unserer Zeit sittlichen Rang durch die Bindung an das Grundgesetz.

8. Die Bundeswehr dient dem Frieden. Der Auftrag der Streitkräfte, den Frieden in Freiheit zu sichern, fordert Bereitschaft und Fähigkeit, für die Bewahrung des Friedens treu zu dienen und im Verteidigungsfall für seine Wiederherstellung tapfer zu kämpfen.

Die Verpflichtung auf den Frieden verleiht dem Dienst des Soldaten eine neue politische und ethische Dimension.

9. Für die Traditionsbildung in den Streitkräften ist von Bedeutung, dass die Bundeswehr

– die erste Wehrpflichtarmee in einem demokratischen deutschen Staatswesen ist;

– ausschließlich der Verteidigung dient;

– in ein Bündnis von Staaten integriert ist, die sich zur Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts bekennen.

Diese politischen und rechtlichen Bindungen verlangen, dass die Bundeswehr ihre militärische Tradition auf der Grundlage eines freiheitlichen demokratischen Selbstverständnisses entwickelt.

10. Viele Formen, Sitten und Gepflogenheiten des Truppenalltags sind nicht Tradition, sondern militärisches Brauchtum. Es handelt sich um Gewohnheiten und Förmlichkeiten, wie sie in jeder großen gesellschaftlichen Einrichtung anzutreffen sind. Meist haben sie sich vor langer Zeit herausgebildet. Ihr ursprünglicher Sinn ist oft in Vergessenheit geraten, der Bedeutungszusammenhang zerfallen. Formen, Sitten und Gepflogenheiten tragen jedoch zur Verhaltenssicherheit im Umgang miteinander bei.

Nicht jede Einzelheit militärischen Brauchtums, das sich aus früheren Zeiten herleitet, muss demokratisch legitimiert sein. Militärisches Brauchtum darf aber den vom Grundgesetz vorgegebenen Werten und Normen nicht entgegenstehen.

Brauchtum muss, um lebendig zu bleiben, von den Soldaten angenommen werden.

Zielsetzungen

11. Traditionsbewußtsein zu wecken, ist eine wichtige Aufgabe der Vorgesetzten.

12. Traditionspflege ist Teil der soldatischen Ausbildung. Sie soll die geistige und politische Mündigkeit des Soldaten und die Einbindung der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft fördern. Die Pflege von Traditionen soll der Möglichkeit entgegenwirken, sich wertneutral auf das militärische Handwerk zu beschränken.

13. Traditionsbewusstsein und Traditionspflege sollen dazu beitragen, die ethischen Grundlagen des soldatischen Dienstes in der heutigen Zeit zu verdeutlichen. Sie sollen dem Soldaten bei der Bewältigung seiner Aufgabe helfen, durch Bereitschaft und Fähigkeit zum Kampf seinen Beitrag zur Sicherung des Friedens zu leisten und die damit verbundenen Belastungen zu tragen.

14. In der Ausbildung zum militärischen Führer sind mit der Kenntnis geschichtlicher Tatsachen auch Werte und Inhalte der Traditionspflege zu vermitteln.

15. In der Traditionspflege der Bundeswehr sollen solche Zeugnisse, Haltungen und Erfahrungen aus der Geschichte bewahrt werden, die als ethische und rechtsstaatliche, freiheitliche und demokratische Traditionen auch für unsere Zeit beispielhaft und erinnerungswürdig sind.

16. In der Traditionspflege soll auch an solche Geschehnisse erinnert werden, in denen Soldaten über die militärische Bewährung hinaus an politischen Erneuerungen teilhatten, die zur Entstehung einer mündigen Bürgerschaft beigetragen und den Weg für ein freiheitliches, republikanisches und demokratisches Deutschland gewiesen haben.

17. In der Traditionspflege der Bundeswehr soll auf folgende Einstellungen und Verhaltensweisen besonderer Wert gelegt werden

– kritisches Bekenntnis zur deutschen Geschichte, Liebe zu Heimat und Vaterland, Orientierung nicht allein am Erfolg und den Erfolgreichen, sondern auch am Leiden der Verfolgten und Gedemütigten;

– politisches Mitdenken und Mitverantworten, demokratisches Wertbewusstsein, Vorurteilslosigkeit und Toleranz, Bereitschaft und Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit den ethischen Fragen des soldatischen Dienstes, Wille zum Frieden;

– gewissenhafter Gehorsam und treue Pflichterfüllung im Alltag, Kameradschaft, Entschlussfreude, Wille zum Kampf, wenn es der Verteidigungsauftrag erfordert.

18. Menschlichkeit hat nach unserem Grundgesetz einen hohen Rang. Das Selbstverständnis der Bundeswehr ist dem verpflichtet. Es gibt auch in der Vergangenheit viele Beispiele menschlich vorbildlichen Verhaltens, die unseren Respekt verdienen. Sie sollen daran erinnern, daß der Grundwert der Humanität auch unter schwierigen Bedingungen bewahrt werden muss.

19. Soldatische Erfahrungen und militärische Leistungen der Vergangenheit können für die Ausbildung der Streitkräfte von Bedeutung sein. Dabei ist stets zu prüfen, inwieweit Überliefertes angesichts ständig sich wandelnder technischer und taktischer, politischer und gesellschaftlicher Gegebenheiten an Wert behält. Die Geschichte liefert keine Anweisungen für künftiges Verhalten, wohl aber Maßstäbe und Orientierungen für Haltungen.

20. Die Bundeswehr pflegt bereits eigene Traditionen, die weiterentwickelt werden sollen. Dazu gehören vor allem:

– der Auftrag zur Erhaltung des Friedens in Freiheit als Grundlage des soldatischen Selbstverständnisses;

– der Verzicht auf ideologische Feindbilder und auf Hasserziehung;

– die Einbindung in die Atlantische Allianz und die kameradschaftliche Zusammenarbeit mit den verbündeten Streitkräften auf der Grundlage gemeinsamer Werte;

– das Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“ und die Grundsätze der Inneren Führung;

– die aktive Mitgestaltung der Demokratie durch den Soldaten als Staatsbürger;

– die Offenheit gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen und die Kontaktbereitschaft zu den zivilen Bürgern;

– die Hilfeleistungen für die Zivilbevölkerung bei Notlagen und Katastrophen im In- und Ausland.
Das sind unverwechselbare Merkmale der Bundeswehr.

Hinweise

21. Die Traditionspflege liegt in der Verantwortung der Kommandeure und Einheitsführer. Sie verfügen über Ermessens- und Entscheidungsfreiheit vor allem dort, wo es sich um regionale und lokale Besonderheiten handelt.

Kommandeure und Einheitsführer treffen ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Grundgesetz und Soldatengesetz im Sinne der hier niedergelegten Richtlinien selbständig.

22. Begegnungen im Rahmen der Traditionspflege dürfen nur mit solchen Personen oder Verbänden erfolgen, die in ihrer politischen Grundeinstellung den Werten und Zielvorstellungen unserer verfassungsmäßigen Ordnung verpflichtet sind.

Traditionen von Truppenteilen ehemaliger deutscher Streitkräfte werden an Bundeswehrtruppenteile nicht verliehen. Fahnen und Standarten früherer deutscher Truppenteile werden in der Bundeswehr nicht mitgeführt oder begleitet. Dienstliche Kontakte mit Nachfolgeorganisationen der ehemaligen Waffen-SS sind untersagt. Nationalsozialistische Kennzeichen, insbesondere das Hakenkreuz, dürfen nicht gezeigt werden.

Ausgenommen von diesem Verbot sind Darstellungen, die der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der politischen oder historischen Bildung dienen, Ausstellungen des Wehrgeschichtlichen Museums sowie die Verwendung dieser Kennzeichen im Rahmen der Forschung und Lehre.

23. Tradition braucht Symbole, Zeichen und Zeremonielle. Sie könne die inneren Werte der Tradition nicht ersetzen, wohl aber auf sie verweisen und ihre zeitgemäße Bewahrung sichern. In der Traditionspflege der Bundeswehr haben besondere Bedeutung:

– die schwarz-rot-goldene Flagge als Symbol freiheitlich-republikanischen Bürgersinns und staatsbürgerlich-demokratischer Mitverantwortung;

– unsere Nationalhymne als Ausdruck des Strebens der Deutschen nach Einigkeit, Recht und Freiheit;

– der Adler des deutschen Bundeswappens als Zeichen nationaler Souveränität, der dem Recht dienenden Macht und der geschichtlichen Kontinuität;

– das Eiserne Kreuz als nationales Erkennungszeichen und als Sinnbild für Tapferkeit, Freiheitsliebe und Ritterlichkeit;

– der Diensteid und das feierliche Gelöbnis der Soldaten als Bekenntnis und Versprechen, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

Die Bedeutung der Symbole, Zeichen und Zeremonielle muß in der soldatischen Ausbildung erklärt und wachgehalten werden. So haben auch der Große Zapfenstreich als Ausdruck des Zusammengehörigkeitsgefühls und das Lied vom guten Kameraden als Abschiedsgruß ebenfalls einen festen Platz in der Traditionspflege.

24. Die deutsche Geschichte hat eine Fülle landmannschaftlicher, regionaler und lokaler Besonderheiten hervorgebracht. Die Vielfalt ist eine deutsche historische Eigentümlichkeit.

Bei der Traditionspflege hat es sich als sinnvoll erwiesen, an solche Besonderheiten anzuknüpfen, insbesondere durch

– Abschluß und Pflege von Patenschaften mit Städten und Gemeinden;

– Übernahme und Pflege von Gedenkstätten, Mahn- und Ehrenmalen;

– Begehen von Fest- und Gedenktagen des Verbandes und der Garnison;

– Sammeln von Dokumenten und Ausstellungsstücken;

– Erstellen und Fortschreiben einer Chronik der Einheit oder des Verbandes unter Berücksichtigung regionaler und lokaler Ereignisse.

25. Das Sammeln von Waffen, Modellen, Urkunden, Fahnen, Bildern, Orden und Ausrüstungsgegenständen ist erlaubt. Es dient der Kenntnis und dem Interesse an der Geschichte und belegt, was gewesen ist.

Die Art und Weise, in der wehrkundliche Exponate gezeigt werden, muss die Einordnung in einen geschichtlichen Zusammenhang erkennen lassen. Die äußere Aufmachung muss diesen Richtlinien entsprechen.

26. Das Zusammengehörigkeitsgefühl und Auftragsverständnis der Truppe kann durch feierliche Appelle, vor allem anläßlich nationaler Gedenktage, der Aufnahme und Entlassung von grundwehrdienstleistenden Soldaten, beim Abschluss von Übungen sowie anlässlich der Verleihung von Orden und Ehrenzeichen gestärkt werden.

Die Reservisten der Bundeswehr sollen zu geeigneten Veranstaltungen und kameradschaftlichen Zusammenkünften eingeladen werden.

27. Das Singen in der Truppe ist ein alter Brauch, der bewahrt werden soll. Das Liedgut ist im Liederbuch der Bundeswehr zusammengestellt. Diese Sammlung ist Richtschnur für die Auswahl.

28. Die Militärmusik hat eine lange und reiche Geschichte. Sie dient der Ausgestaltung dienstlicher Veranstaltungen und der Repräsentation der Bundeswehr im In- und Ausland.

29. Kasernen und andere Einrichtungen der Bundeswehr können mit Zustimmung des Bundesministers der Verteidigung nach Persönlichkeiten benannt werden, die sich durch ihr gesamtes Wirken oder eine herausragende Tat um Freiheit und Recht verdient gemacht haben.

30. Vereidigungen und feierliche Gelöbnisse unter Anteilnahme der zivilen Bürger sind ein öffentliches Bekenntnis der Soldaten zum demokratischen Staat. Sie sind Bestandteil einer gewachsenen Tradition der Bundeswehr. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen diejenigen, die sich zu ihren gesetzlichen Pflichten bekennen sollen. Ihnen muß der Sinn ihres Dienstes deutlich werden.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit am Leben der Truppe fördert die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft. An „Tagen der offenen Tür“ und bei anderen Gelegenheiten sind die Bürger einzuladen, den Alltag und das Leistungsvermögen der Truppe kennenzulernen.

Die Textquelle im Internet:

https://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/start/streitkraefte/grundlagen/geschichte/tradition/traditionserlass/!ut/p/z1/04_Sj9CPykssy0xPLMnMz0vMAfIjo8zinSx8QnyMLI2MQgKcXQw8fY2dnAwDjYx8XQz0wwkpiAJKG-AAjgb6wSmp-pFAM8xxmeHmbKofrB-lH5WVWJZYoVeQX1SSk1qil5gMcqF-ZEZiXkpOakB-siNEoCA3otyg3FERALYe9dQ!/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/

Überblick und Hintergrund: Kasernen mit neuem Namen

Berlin, 16.05.2017
Die Bundeswehr folgt bei Kasernenbenennungen dem Ansatz, Namensgebungen in einem Prozess bei den betroffenen Bundeswehrangehörigen „von unten“ zu initiieren. Das entspricht den Grundsätzen der Inneren Führung und dem Leitbild des mündigen Staatsbürgers in Uniform. Beispielgebend: Der Name einer Kaserne muss dem Traditionsverständnis der Bundeswehr entsprechen. (Quelle: Burkhard Schmidtke)

Aktuelle Diskussion, offene Meinungsbildung

Im Zuge der gegenwärtigen Diskussionen zum Traditionsverständnis der Bundeswehr wurde entschieden, diesen Prozess dort erneut anzustoßen, wo Kasernen mit Bezug zu Wehrmachtsangehörigen benannt sind, die nicht im Einklang mit dem heutigen Traditionsverständnis der Bundeswehr stehen könnten.

Ziel ist es, dabei grundsätzlich zu prüfen, ob die Benennungen der Kasernen sinnstiftend im Sinne des Traditionsverständnisses der Bundeswehr sind, oder ob eine Umbenennung von Kasernen zu erfolgen hat.

Es gilt daher, bei den Bundeswehrangehörigen einen offenen Meinungsbildungsprozess anzustoßen und gemeinsam mit den Vertretern der Kommunen in einen entsprechenden Dialog zu treten. Der Prozess soll noch im laufenden Jahr abgeschlossen werden.

Traditionserlass ist Grundlage für Namensänderungen

In der vergangenen Woche hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bereits eine Überarbeitung des Traditionserlasses zum Umgang der Bundeswehr mit ihrer Traditionspflege angekündigt. Nach Angaben des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Volker Wieker, solle die Überarbeitung voraussichtlich bis zum Ende der Legislatur im Herbst geschehen.

Der Traditionserlass dient auch in Verbindung mit der Zentralen Dienstvorschrift „Benennung von Liegenschaften der Bundeswehr“ als Grundlage für die Namensänderungen von Kasernen. Die Bundeswehr prüft besonders seit 1995 Kasernennamen. Im Zuge dessen wurden bis 2016 insgesamt 16 Kasernen umbenannt. Grund dafür: Die Namensgeber der Kasernen waren vor dem Hintergrund der beiden genannten Vorschriften nicht mehr sinnstiftend für die Bundeswehr in dieser Zeit. Hier einige Beispiele:

Bisherige Umbenennungen von Kasernen

Den Auftakt der Umbenennungen machte 1995 die einstige Dietl-Kaserne im bayerischen Füssen in Allgäu-Kaserne. Eduard Dietl war Generaloberst und Gebirgsjäger. Seine Rolle in der NS-Zeit wurde zunehmend als problematisch erachtet.

In der Folge dieser Kasernenumbenennung erhielt 1995 auch die General-Kübler-Kaserne in Mittenwald einen neuen Namen: Sie wurde in Karwendel-Kaserne umbenannt. General Ludwig Kübler spielte im Zweiten Weltkrieg eine umstrittene Rolle.

Im Herbst 2012 bekam auch die damalige General-Konrad-Kaserne in Bad Reichenhall mit Hochstaufen-Kaserne einen neuen Namen. Die Kaserne war ursprünglich nach dem General der Gebirgstruppe, Rudolf Konrad, benannt, dessen Handlungen während des Zweiten Weltkrieges nicht mehr vereinbar mit dem Traditionsverständnis der Bundeswehr galten.

Als vorläufig letzte Kaserne wurde im Oktober 2016 die General-Fahnert-Kaserne in Karlsruhe in Kirchfeld-Kaserne umbenannt.

Darüber hinaus wurden seit 1995 die Rüdel-Kaserne in Rendsburg neu benannt in „Feldwebel-Schmid-Kaserne (2000, Standort 2010 aufgegeben), die Mölders-Kaserne in Visselhövede in Kaserne Lehnsheide (2005), die Frankenstein-Kaserne in Pfungstadt in Major-Karl-Plagge-Kaserne (2008), die Lettow-Vorbeck-Kaserne in Leer in Evenburg-Kaserne (2010), die Medem-Kaserne in Holzminden in Pionier-Kaserne am Solling (2013), die General-Hüttner-Kaserne in Hof in Oberfranken-Kaserne (2013), die Albertstadt-Kaserne in Dresden in Graf-Stauffenberg-Kaserne (2013), die Generaloberst-von-Fritsch-Kaserne in Pfullendorf in Staufer-Kaserne (2013), die Gallwitz-Kaserne in Aachen in Dr. Leo Löwenstein-Kaserne (2013), die General-Hans-Graf-von-Sponeck-Kaserne in Germersheim in Südpfalz-Kaserne (2015), die General-Delius-Kaserne in Mayen in Oberst-Hauschild-Kaserne (2015), die Harz-Kaserne in Blankenburg in Feldwebel-Anton-Schmid-Kaserne (2016) benannt.

Beispielgebend für unsere Zeit

Grundsätzlich können Kasernen der Bundeswehr mit Zustimmung des Verteidigungsministeriums nach bereits verstorbenen Persönlichkeiten der Geschichte, nach Landschaften, Regionen, Gemarkungen sowie nach Truppengattungen benannt werden. Bei der Auswahl von Persönlichkeiten der Geschichte sind Namensgeber zu berücksichtigen, die sich durch ihr gesamtes Wirken oder eine herausragende Tat um Freiheit und Recht verdient gemacht haben.

Bei der Beurteilung, ob Persönlichkeiten der deutschen Militärgeschichte für die Bundeswehr überlieferungswürdig sind, können nicht nur soldatische Haltung und militärische Leistungen zugrunde gelegt werden. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob ihre Persönlichkeit und ihr gesamtes Verhalten beispielgebend in unsere Zeit hineinwirken.

Klar geregeltes Verfahren

Die Initiative für die Benennung einer Kaserne liegt grundsätzlich bei der dort stationierten Truppe. Der Kasernenkommandant stimmt den beabsichtigten Namensvorschlag mit den Kommandeuren und Dienststellenleitern der in der Kaserne untergebrachten Truppenteile und Dienststellen ab.

Besteht bei der Truppe Einvernehmen zu einem Namensvorschlag, so ist die Zustimmung des Inspekteurs des zuständigen militärischen Organisationsbereiches auf dem Dienstweg einzuholen. Anschließend ist die Stadt oder Gemeinde, bei der sich die Kaserne befindet, zu beteiligen. Ist die Benennung nach einer verdienten Persönlichkeit beabsichtigt, so ist danach die schriftliche Zustimmung der nächsten Angehörigen oder Nachkommen des zukünftigen Namensgebers einzuholen.

Der so abgeklärte und von allen Beteiligten getragene Vorschlag zur Benennung wird dem Verteidigungsministerium zur Genehmigung vorgelegt. Ist diese Genehmigung erteilt, wird die Namensgebung der Liegenschaft durch die Dienststellen vor Ort unter feierlicher Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Erst mit diesem feierlichen Akt ist die Namensgebung abgeschlossen. Die Benennung erlischt mit Aufgabe der Liegenschaft durch die Bundeswehr.

Textquelle im Internet:

https://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/start/streitkraefte/grundlagen/geschichte/tradition/kasernennamen/!ut/p/z1/04_Sj9CPykssy0xPLMnMz0vMAfIjo8zinSx8QnyMLI2MfAJMLAwc3S0cHQ3dvAwNDAz0wwkpiAJKG-AAjgb6wSmp-pFAM8xxm2GqH6wfpR-VlViWWKFXkF9UkpNaopeYDHKhfmRGYl5KTmpAfrIjRKAgN6LcoNxREQDm-NZ8/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/

Aus der Zentralen Dienstvorschrift der Bundeswehr A-2600/1 Innere Führung – Selbstverständnis und Führungskultur: 

(…) 6.2.2 Politische Bildung

625. Politische Bildung in der Bundeswehr hilft den Soldatinnen und Soldaten, ihre Kenntnis der Werte und Normen des Grundgesetzes zu vertiefen, damit sie den Sinn und die Notwendigkeit ihres Dienstes für Frieden, Freiheit und Recht besser verstehen und anerkennen. Nach § 33 des Soldatengesetzes ist politische Bildung in der Bundeswehr verpflichtende Aufgabe.

626. Soldatinnen und Soldaten dürfen ihren Dienst in den Streitkräften nicht als Bruch zur Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland erfahren. Sie müssen die Grundwerte, für deren Erhaltung sie als „Staatsbürger in Uniform“ eintreten, im täglichen Dienst erleben. Politische Bildung steht demzufolge in enger Wechselbeziehung zur Menschenführung und der damit verbundenen
Wertevermittlung. Zudem sind Soldatinnen und Soldaten über ihre staatsbürgerlichen und völkerrechtlichen Pflichten und Rechte zu unterrichten.

627. Politische Bildung

• vertieft geschichtliche Kenntnisse,

• erklärt politische Zusammenhänge,

• unterstützt politische Urteilsfähigkeit,

• verbessert die interkulturelle Kompetenz,

• fördert das Wertebewusstsein und

• regt zur aktiven Teilnahme an der politischen Willensbildung an.

Alle Soldatinnen und Soldaten haben die Pflicht, sich politisch zu informieren und sich um Wissen und Bildung zu bemühen, damit sie dem Leitbild vom „Staatsbürger in Uniform“ gerecht werden.

628. Vor dem Hintergrund von Auslandseinsätzen gewinnt politische Bildung zusätzlich an Bedeutung. Die Soldatinnen und Soldaten müssen über die politischen Hintergründe, sicherheitspolitischen Interessen und die daraus hervorgehende Notwendigkeit von Einsätzen der Bundeswehr rechtzeitig und angemessen informiert werden. Vor, während und nach dem Einsatz sollen die Vorgesetzten aller Ebenen durch politische Bildung dazu beitragen, dass die ihnen anvertrauten Soldatinnen und Soldaten die notwendigen Kenntnisse über den aktuellen Einsatz, das Einsatzland und die jeweiligen besonderen Bedingungen erwerben. Damit unterstützen Vorgesetzte das Handeln der ihnen untergebenen Soldatinnen und Soldaten im Sinne der übergeordneten Führung, stärken deren Motivation und bestätigen sie als „Staatsbürger in Uniform“.

629. Um die Ziele der politischen Bildung erreichen zu können, ist häufig die Betrachtung geschichtlicher Hintergründe erforderlich. Diese sollen den Soldatinnen und Soldaten die Entwicklung unseres demokratisch verfassten Gemeinwesens veranschaulichen und den Wert und die Bedeutung des Grundgesetzes aus den Erfahrungen deutscher Geschichte verdeutlichen. Aus dem Verständnis der Grundsätze unserer Verfassung sowie durch eine werteorientierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit werden Maßstäbe gewonnen, um politische Geschehnisse und Zusammenhänge der Gegenwart zu beurteilen und ein angemessenes Traditionsverständnis im Rahmen der gültigen Richtlinien (Anlage 7.3) zu entwickeln.

630. Tradition ist die Überlieferung von Werten und Normen. Sie hilft den Soldatinnen und Soldaten bei der Bestimmung ihres Berufs- und Selbstverständnisses. Sie dient der Selbstvergewisserung, ordnet ihr Handeln in den größeren Zusammenhang der Geschichte ein und gibt ihnen Orientierung für militärisches Führen und Handeln. Die Pflege von Tradition leistet deshalb einen unverzichtbaren Beitrag für die Bundeswehr als Armee im Einsatz.

631. Politische Bildung ist eine weitere Kernaufgabe aller Vorgesetzten und gesetzliche Verpflichtung der Disziplinarvorgesetzten. Sie ist bei jeder sich bietenden Gelegenheit – auch im Einsatz – durchzuführen. Vorgesetzte gewinnen persönliche Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft, indem sie neben der erforderlichen Sachkenntnis einen eigenen durchdachten und begründeten Standpunkt beziehen und Gesprächsbereitschaft zeigen. Bei der Durchführung der politischen Bildung können Vorgesetzte sich der Vielfalt der politischen Bildungsangebote in und außerhalb der Bundeswehr bedienen. Sie bleiben jedoch stets für die Gestaltung dieses Bildungsbereiches verantwortlich.

632. Soldatinnen und Soldaten sind an Planung und Durchführung der politischen Bildung zu beteiligen. Vorgesetzte fördern neben der Wissensvermittlung eine freimütige Diskussion, die durch Aufgeschlossenheit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme gekennzeichnet ist. Eine offene Gesprächsführung stärkt die Urteils- und Kritikfähigkeit und vermindert die Gefahr, dass Soldatinnen und Soldaten sich einseitig informieren und orientieren. Themen, die in Politik und Gesellschaft strittig sind, müssen auch strittig dargestellt und diskutiert werden. Dieses Gebot, sich an realen politischen Kontroversen zu orientieren, beinhaltet auch die Verpflichtung der Vorgesetzten, Auffassungen und Bestrebungen, die den Grundsätzen der Verfassung widersprechen, entschieden entgegenzutreten.

633. Politische Bildung wendet sich an Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgrade. Sie ist ein Element der Erwachsenenbildung und Teil eines auf Persönlichkeitsentwicklung angelegten Prozesses. Ihr wesentliches Ziel ist die Information über politische Zusammenhänge. Politische Bildung soll möglichst Situationen, Erfahrungen und Konflikte behandeln, die die Soldatin und den Soldaten unmittelbar betreffen. So können Themen lebensnah vermittelt und verstanden werden.

634. Der Dienst im multinationalen Umfeld erfordert, dass alle dort eingesetzten Angehörigen der Bundeswehr mit Organisationsprinzipien und Führungskulturen von Streitkräften anderer Nationen sowie von Nicht-Regierungs-Organisationen vertraut sind. Darüber hinaus sind Kenntnisse über Politik, Kultur, Land und Leute in den Einsatzgebieten unverzichtbar. Ziel ist der angemessene Umgang mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft im Sinne der Werte und Normen des Grundgesetzes und des Auftrags der Bundeswehr. Umgekehrt stehen die Angehörigen der Bundeswehr im multinationalen Umfeld auch für die Achtung der eigenen Führungsprinzipien, Sitten und Mentalitäten ein. Ein besonderes Anliegen politischer Bildung ist es, auf mögliche Spannungen zwischen der Beachtung der Menschenrechte, für die auch die Bundeswehr eintritt, und entgegenstehenden kulturellen und sozialen Eigenheiten im Einsatzgebiet vorzubereiten. (…)

Aktuelle Version auf unten verlinkter Internetseite/abgerufen am 26. Mai 2017:

http://www.kommando.streitkraeftebasis.de/portal/a/kdoskb/start/weitdstst/zinfue/download/!ut/p/z1/04_Sj9CPykssy0xPLMnMz0vMAfIjo8zinSx8QnyMLI2MQtyMLAw8zb1CPE08HI0MXE31wwkpiAJKG-AAjgb6wSmp-pFAM8xxmhFqpB-sH6UflZVYllihV5BfVJKTWqKXmAxyoX5kRmJeSk5qQH6yI0SgIDei3KDcUREAM-tVmQ!!/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/#Z7_B8LTL2922TF280I7JTI4HA20U2

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