Tolle, warme Worte ihres Vorstandsvorsitzenden in Werbejingles im Radio, schön farbig gestylte Anzeigenseiten mit Wünschen nach einer Aufwertung der Pflege, Großkonzerne locken in der SÜDWESTPRESSE mit Startgeldern von 1000 Euro, … das alles ändert überhaupt nichts – die Beschäftigten in der Pflege sind es leid.
Leserbrief von Jochen Dürr, Vertreter der Gewerkschaft Ver.di, Schwäbisch Hall
Rahmenbedingungen verändern
Solche Aktivitäten machen mich zunehmend wütender, weil offensichtlich dort immer noch nicht die Erkenntnis angekommen ist, dass die Rahmenbedingungen in der Pflege massivst verändert werden müssen.
Die Arbeitsrealitäten der Beschäftigten sind doch ganz andere:
+ Freizeit ist nicht mehr planbar / ständiges Holen aus dem Frei
+ Überplanung von Teilzeitbeschäftigten in Dienstplänen ohne deren Zustimmung
+ Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten
Erschöpft und desillusioniert
Die Beschäftigten sind erschöpft und desillusioniert, wenn sie tagtäglich trotzdem noch mit höchster Empathie Menschen im Altersheim, Krankenhaus oder einer Einrichtung für Menschen mit einer Behinderung betreuen.
FDP will Aufhebung der Höchstarbeitszeit
Wenn dann noch im CDU/SPD-Koalitionsvertrag über eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten nachgedacht wird und die FDP-Bundestagsfraktion als Steilvorlage einen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Höchstarbeitszeit und Einschränkung der Ruhezeiten vorlegt, wird deutlich, wohin politisch der Hase langgeht und auf wen sie sich in ihrem Arbeitsalltag nicht verlassen können.
Schmutzkonkurrenz über die Löhne
Die Wohlfahrtsverbände können als Spitzenverbände daran mitarbeiten. Wenn Diakonie und Caritas als größte Arbeitgeber ihre dogmatische Ablehnung von Tarifverträgen mit der Gewerkschaft Ver.di aufgeben und die Politik diese Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt, wäre die Schmutzkonkurrenz über die Löhne weg.
Gesetzliche Personalbemessung nötig
Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen durch eine gesetzliche Personalbemessung in den Krankenhäusern und den Altenheimen zu verändern. Scheinlösungen wie die Einrichtung einer Pflegekammer sind abzulehnen.
Nacharbeiten
In der Behindertenhilfe droht durch neue neoliberale Marktelemente im Bundesteilhabegesetz eine weitere Zunahme der Arbeitsbelastungen auf dem Rücken der Beschäftigten. Dort hat der Gesetzgeber unter dem Druck des Bundestagwahltermins schlampig gearbeitet und die Beschäftigten drohen zu weiteren Opfern zu werden. Hier muss nachgearbeitet werden.
Haustarifverträge zur Personalbemessung erkämpft
Auf wen sich die Beschäftigten verlassen können, ist die Solidargemeinschaft der Gewerkschaft Ver.di. Unter deren Dach gibt es Leuchttürme … die Charite in Berlin … die baden-württembergischen Unikliniken in Tübingen, Freiburg, Heidelberg und Ulm … Krankenhäuser im Saarland, auch in katholischer Trägerschaft … dort haben die KollegInnen durch Arbeitskämpfe Haustarifverträge zur Personalbemessung erkämpft und das gegen sehr hartnäckige Arbeitgeber. Diese Kämpfe haben immerhin dazu geführt, dass das Thema in Wahlkämpfen und in Koalitionsverträgen einen hohen Stellenwert hat. Die Beschäftigten haben also nur die Alternative, durch Engagement in der Gewerkschaft der Gesellschaft und Politik Kante zu zeigen. Do it!!!
Weitere Informationen im Internet zum Tag der Pflege:
Rezept-Aktion in Stuttgart zum Tag der Pflege – Beschäftigte präsentieren Lösungsvorschläge für Pflegenotstand
http://bawue.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++59e83c6c-5369-11e8-9ffc-525400423e78
Verbände und Linke fordern deutlich mehr Stellen für Pfleger
Über die Vergütung ließe sich etwas erreichen
Anerkennung für Pflegende
https://www.swp.de/suedwesten/staedte/gaildorf/anerkennung-fuer-pflegende-25512981.html