„Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern; über Gegenstände, bei denen diese Voraussetzungen vorliegen, muss nichtöffentlich verhandelt werden.“
Von Ralf Garmatter, Kirchberg/Jagst
Öffentlichkeitsgrundsatz
So steht es im Paragraf 35 der baden-württembergischen Gemeindeordnung. Dieser Abschnitt wird auch als „Öffentlichkeitsgrundsatz“ bezeichnet. Da sollte man davon ausgehen können, dass das Gemeindegremium deutlich öfter und länger öffentlich als nichtöffentlich tagt. In Kirchberg/Jagst ist seit der aktuellen Wahlperiode des Gemeinderats das Gegenteil der Fall.
48 Prozent öffentlich, 52 Prozent nichtöffentlich
Das hat meine schriftliche Anfrage bei der Stadtverwaltung Kirchberg ergeben. Die Stadtverwaltung erteilte mir eine kostenpflichtige Auskunft zum Preis von 30 Euro. In den 23 Sitzungen zwischen 25. April 2016 und 14. Mai 2018 tagte der Gemeinderat nach Angaben der Stadtverwaltung Kirchberg/Jagst 35:07 Stunden lang öffentlich (48 Prozent) und 37:38 Stunden nichtöffentlich (52 Prozent). Bei den nichtöffentlichen Sitzungen fehlen noch die Zeiten für die Klausurtagungen und die nichtöffentlichen Sitzungen zum Thema Gemeindeentwicklungskonzept 2030. Wenn diese Sitzungsstunden dazugerechnet werden, neigt sich die Waage noch stärker auf die Seite der nichtöffentlichen Sitzungen.
Öffentliche Sitzung meist zwischen zwei nichtöffentlichen
Das Kuriose in Kirchberg: Die Sitzungsabende beginnen fast immer mit einer nichtöffentlichen Sitzung von etwa einer Stunde Dauer. Dann wird die nichtöffentliche Sitzung unterbrochen, die Zuhörer werden hereingelassen und die öffentliche Sitzung beginnt. Wenn die öffentliche Sitzung beendet ist und die Zuhörer den Saal verlassen haben, tagt der Kirchberger Gemeinderat wieder nichtöffentlich weiter. So verfährt das kommunale Gremium an fast allen Sitzungstagen seit dem 18. Mai 2015 bis heute. Die öffentlichen Sitzungen werden im Auswertungsprotokoll der Stadtverwaltung als „Pause“ bezeichnet.
Mangelhafte Transparenz
Fraglich, ob das im Sinne des Öffentlichkeitsgrundsatzes der baden-württembergischen Gemeindeordnung ist. Auf jeden Fall ist es ein Indiz für mangelhafte Transparenz der Gemeinderatsarbeit. Das sollte sich wieder ändern. Auch in Kirchberg war es einmal anders. Als ich selbst Mitglied im dortigen Gemeinderat war, tagte das Gremium meistens etwa drei Stunden öffentlich und anschließend, wenn überhaupt ein Thema anstand, noch etwa eine halbe Stunde nichtöffentlich. Und anders als heute wurde den Leserinnen und Lesern des städtischen Mitteilungsblatts bei der Veröffentlichung der Tagesordnung immer mitgeteilt, wenn es eine nichtöffentliche Sitzung gab. Das wird seit einigen Jahren auch nicht mehr bekanntgegeben. Was gibt es zu verbergen?