„Offene Fragen zum NSU klären“ – Online-Petition an den baden-württembergischen Landtag unterschreiben

Wegen „offener Fragen zum NSU-Skandal“ haben Christine Hildenbrand und Andreas Grandic eine Petition an den baden-württembergischen Landtag gestartet. Der Landtag soll sich speziell mit dem Fall Kai-Ulrich Stolzenburg aus Ilsfeld befassen. Innerhalb von drei Monaten werden 21.000 Unterschriften benötigt.

Von Christine Hildenbrand und Andreas Grandic aus Schwäbisch Hall

Liebe Freunde, Bekannte, Interessierte,

die Mordserie des NSU in den Jahren 2000-2007, der 10 Menschen zum Opfer fielen, ist auch heute noch eine einschneidende Zäsur in der bundesdeutschen Geschichte und eine offene Wunde in unserem rechtsstaatlichen Empfinden.

Es war unbegreiflich, dass so etwas in Deutschland passieren konnte

Noch unbegreiflicher wurde dies alles aber im Laufe der jahrelangen Ermittlungen, in deren Folge einen immer wieder das ungute Gefühl beschlich, dass das Ausmaß des Ganzen noch viel größer ist, als es zunächst erschien.

Plötzliche Todesfälle von Zeugen

Neben Pannen und Versäumnissen in der Ermittlungsarbeit kam es zu einigen plötzlichen Todesfällen von Zeugen: Florian H. verbrannte in Stuttgart in seinem Auto an dem Tag, als er zum 4. Mal vom LKA vernommen werden sollte. Ob Selbstmord oder Mord ist bis heute nicht geklärt. Seine 20-jährige Ex-Freundin starb danach an einer Lungenembolie, angeblich nach einem Sturz aufs Knie. Deren Verlobter wiederum erhängte sich. „Corelli“, V-Mann des Verfassungsschutzes und wichtiger Zeuge, starb 2014 angeblich zweifelsfrei an unentdecktem Diabetes. Zwei Jahre später schränkt der untersuchende Pathologe seine Einschätzung ein und erklärt, dass es auch durch Rattengift möglich gewesen wäre, einen derartigen Zuckerschock auszulösen.

Verbindungen in die rechtsextreme baden-württembergische Szene

Alle diese Todesfälle ereigneten sich im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter und dem Mordversuch an ihrem Kollegen Martin A. 2007 in Heilbronn, die angeblich letzte Tat des NSU-Trios Mundlos-Böhnhardt-Zschäpe, Diese Tat fiel völlig aus dem bisherigen Muster und zeigte gleichzeitig Verbindungen in die rechtsextreme baden-württembergische Szene auf.
Nachfolgend haben zwei Untersuchungsausschüsse in Baden-Württemberg deshalb u.a. die Frage behandelt, ob es bei den NSU-Morden mögliche Unterstützer, Mithelfer oder gar Mittäter aus Baden-Württemberg gab. Am 20. Dezember 2018 präsentierte der zweite Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht zum Polizistenmord von Heilbronn: Die Mörder der Polizistin Michèle Kiesewetter seien demnach ausschließlich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen.

Pannen und Unklarheiten

Allen interessierten BeobachterInnen bleiben auf Grund der vielen in den Medien berichteten Pannen und Unklarheiten besorgniserregende Zweifel, ob unser Rechtsstaat hier wirklich alles Notwendige und Mögliche zur Aufklärung tat oder ob es nicht sogar innerhalb der Ermittlungsbehörden Versuche gab, bestimmte Sachverhalte zu vertuschen.

Im März 2019 trug der in Schwäbisch Hall bekannte Journalist Thumilan Selvakumaran zusammen mit den Autoren Rainer Nübel und Thomas Moser in einer Veranstaltung diese und weitere offene Fragen im Zusammenhang mit den Untersuchungen im NSU-Komplex vor. Die drei Journalisten gelten durch ihre jahrelangen Recherchen als Experten zu diesem Thema.

Als TeilnehmerInnen dieser Veranstaltung waren wir betroffen von den detailliert dargestellten Ergebnissen ihrer Untersuchungen:

Es gibt wichtige Fragen, die nicht geklärt sind! Wir sehen uns in unseren Zweifeln an den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses bestärkt und kommen zu dem Schluss, dass eine weitere Untersuchung der oben genannten Umstände dringend geboten ist. Eine „rückhaltlose Aufklärung“ wie sie Kanzlerin Merkel 2012 bei der Trauerfeier für die vom NSU getöteten Menschen versprach, fand ganz offensichtlich noch nicht statt. Auf diese Aufklärung aber haben die Gesellschaft, in der diese Morde und Anschläge verübt wurden, und vor allem die Opfer und deren Familien einen berechtigten Anspruch.

Petition gestartet

Aus diesem Grund haben wir eine Petition an die Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags formuliert, mit der wir diese auffordern, den in der Petition aufgeführten offenen Fragen, nachzugehen.

Mindestens 21.000 UnterstützerInnen notwendig

Wir bitten Sie und euch, dem untenstehenden Link zu folgen und unsere Petition zu unterstützen. Bitte leitet den Link oder unser Schreiben per E-Mail, whatsapp oder wie auch immer an möglichst viele Menschen weiter. Wir brauchen mindestens 21000 UnterstützerInnen.

Online-Petition unterschreiben

https://www.openpetition.de/petition/online/offene-fragen-zum-nsu-klaeren-eine-petition-an-den-baden-wuerttembergischen-landtag

Weitere Informationen in der Zeitung „Die Welt“ und bei „Heise.de“:

www.welt.de/politik/deutschland/plus185708566/NSU-Gehe-ich-zur-Polizei-bin-ich-noch-tiefer-in-der-Scheisse.html

www.heise.de/tp/features/NSU-Polizistenmord-Versteckte-Spur-4352098.html

Buch-Tipp:

Thomas Moser, NSU: Die doppelte Vertuschung – Schauplätze und Schlüsselfälle, offene Fragen, Widersprüchliches und Grundsätzliches, eBook, Heise Medien, ISBN (epub) 978-3-95788-085-7, April 2017, zirka 170 Seiten, 7,99 Euro

Weitere Informationen im Internet:

https://www.heise.de/tp/buch/telepolis_buch_3677957.html

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