Die Aussage von Minister Spahn, unser Gesundheitssystem sei auf die neuen Herausforderungen gut vorbereitet, ist eine krasse Fehldiagnose. Auch wenn Panikmache vollkommen unangebracht ist, hält diese uneingeschränkte Einschätzung einem Faktencheck nicht stand.
Von Dr. Nadja Rakowitz, Pressesprecherin von Bündnis Krankenhaus statt Fabrik
Für Katastrophenfall nicht gerüstet
• Unsere Krankenhäuser sind auf ökonomische Effizienz getrimmt. Und da das Finanzierungssystem über Fallpauschalen nur erbrachte Leistungen bezahlt, für das Vorhalten von Betten und Therapiekapazitäten für den Not- oder Katastrophenfall aber keine Mittel bereitstellt, werden solche Situationen in der Planung der Klinikab- läufe auch nicht ausreichend berücksichtigt.
Nicht genügend Pflegekräfte
• Landauf landab werden in zunehmenden Ausmaß in vielen Krankenhäusern Betten – auch auf Intensivstationen – gesperrt, weil – schon ohne den Andrang von zusätzlichen Covid-19-Erkrankten – nicht genügend Pflegekräfte zur Verfügung stehen, um die Patienten bei den vorhandenen Bettenkapazitäten angemessen zu ver-sorgen. Für die Versorgung schwer kranker Covid-19-PatientInnen stehen also in Wirklichkeit weniger Betten zur Verfügung als dies aus den Krankenhausstatistiken herauszulesen ist.
Unterversorgung vor allem in ländlichen Gebieten
• Im Zeitalter der DRG-Finanzierung ersetzt zunehmend die betriebswirtschaftliche Bilanz der Krankenhäuser die eigentlich auf Landesebene erforderliche Planung der Krankenhausstruktur nach Versorgungsgesichtspunkten. Daher werden Krankenhäuser ganz willkürlich geschlossen, wenn sie über mehrere Jahre ein Defizit erwirtschaftet haben. So ist schon heute die Versorgung der ländlichen Bevölkerung mit Kinderkliniken und Geburtshilfeabteilungen nicht mehr ausreichend gewährleistet. Zusätzliche Anforderungen durch die Corona-Pandemie werden diese Unterversorgung in ländlichen Regionen dramatisch verschärfen.
Mangel an Fachpersonal: Bettenkapazitäten werden gesperrt
Die aktuelle Entscheidung des Gesundheitsministers, die gerade erst eingeführten und eigentlich viel zu niedrigen Pflegepersonaluntergrenzen anlässlich der Zusatzbelastung unseres Gesundheitssystems durch die Corona-Pandemie vorübergehend außer Kraft zu setzen, demonstriert diesen Widerspruch: Da wir in den Krankenhäusern zu wenig Fachpersonal haben, müssen Bettenkapazitäten gesperrt werden. Wenn die Patientenzahlen aber in einer Notsituation zusätzlich steigen, werden diese Missstände nicht nur wieder geduldet, sondern weiter verschärft, um noch mehr PatientInnen als bisher durch die Klinikbetten zu schleusen.
Krankenhäuser wieder funktionsfähig machen
Die Aussage von Minister Spahn, unser Gesundheitssystem sei auf die neuen Herausforderungen gut vorbereitet, ist also eine krasse Fehldiagnose. Wir vom Bündnis Krankenhaus statt Fabrik fordern daher, endlich unsere Krankenhäuser wieder funktionsfähig zu machen für eine Daseinsvorsorge ohne jede Einschränkung:
• Die Ausrichtung der stationären Versorgung auf betriebswirtschaftlichen Gewinn muss beendet werden. Krankenhäuser dürfen keine Gewinne machen, Verluste sind auszugleichen, wenn die Klinik für die Versorgung einer Region benötigt wird.
• Die Finanzierung darf nicht nur die medizinischen Leistungen im Normalbetrieb berücksichtigen, sondern muss auch alle Vorhaltekosten für außergewöhnliche Notfallsituationen sicherstellen.
• Die medizinische Behandlung im Krankenhaus ist Daseinsvorsorge. Daher müssen Krankenhäuser da demokratisch geplant und betrieben werden, wo sie für die qualitativ gleichwertige Versorgung gebraucht werden, nicht da wo der Träger mit ihnen Gewinne erwirtschaften kann.
• Die angemessene Personalausstattung im Krankenhaus ist eine elementare Voraussetzung für gute Behandlung der PatientInnen und keine Schönwettermaßnahme, die bei jedem drohenden Sturm wieder kassiert werden kann.
Weitere Informationen und Kontakt:
Bündnis Krankenhaus statt Fabrik, Dr. Nadja Rakowitz
Mobil: 0172 – 185 8023
E-Mail: info@krankenhaus-statt-fabrik.de
Internet: www.krankenhaus-statt-fabrik.de
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-kern-der-deutschen-krankenhausmisere
Ich denke, ihr Punkt mit den Fallpauschalen ist sehr wichtig. Ich denke, man wird aus Corona lernen. Wichtig ist ja, schon bei der Planung des Krankenhauses flexible Nutzungskonzepte zu bedenken.
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hinter dem Pseudonym des Kommentarschreibers „Toni“ verbirgt sich ein Büro für Krankenhausplanungen in Nürnberg. Die Firma wirbt für sich im Internet: „Wir planen und überwachen Projekte der Anlagengruppe 1, 2 und 3, Teile der AG7 (Med.-Gase und Feuerlöschanlagen) sowie AG8. Darüber hinaus übernehmen wir die Planung aller Leistungsphasen der HOAI. Schwerpunkt Krankenhausplanung. Das Planungsbüro Noll wurde im Jahr 2002 gegründet. Unser kompetentes Team mit derzeit 13 Angestellten hat in den zurückliegenden Jahren mehr als 160 Krankenhausprojekte erfolgreich geplant und überwacht.
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