„Einzelne wagten es doch“ lautet der Titel eines Buchs, das jetzt in Ansbach publiziert wurde und das aufzeigt, wie in der Zeit der Nazi-Diktatur trotz aller Repressalien und drohender Gefahren in der fränkischen Provinz Menschen sich wagten, Widerstand zu leisten oder sich widerständig zu verhalten.
Informationen zugesandt von Andreas Mundt, Buchhändler aus Crailsheim
Jahrzehntelang verdrängt und verhindert
Widerstand im „Dritten Reich“ – das verbindet man zumeist wohl vor allem mit den Hitler-Attentätern wie Georg Elser und Graf Stauffenberg oder mit der „Weißen Rose“, mit Berlin und München, mit den Zentren der damaligen Macht. Dass sich aber auch draußen im Land, sogar in den kleinen Städten Frauen und Männer auf unterschiedlichste Weise dem Nazi-Regime und seinen Untaten widersetzten, blieb oft weitgehend verborgen: nicht nur während der NS-Zeit, sondern bisweilen ganz gezielt und bewusst bis weit hinein in die Nachkriegsjahre. Wie in Ansbach, wo es der Kommunalpolitik gelang, die Erinnerung an die Geschehnisse, an die Verbrechen der Nationalsozialisten und an den Kampf dagegen jahrzehntelang erfolgreich zu verdrängen und zu verhindern.
Mindestens 2250 Euthanasie-Morde
Die mittelfränkische Bezirkshauptstadt war mit ihren in den dreißiger und vierziger Jahren etwa 32 000 Einwohnern eine Hochburg der Nazis. Und: Hier geschah in der Hitler-Ära Schreckliches, beispielsweise im Rahmen der „Euthanasie“. Mindestens 2250 Menschen, wahrscheinlich deutlich mehr, mussten ihr Leben lassen, nein, sie wurden ermordet in dieser Stadt oder von hier aus der Tötungsmaschinerie der Nazis zugeführt.
Widerwillig und selten thematisiert
Erst in den 1970er Jahren keimten die ersten ernsthaften Bemühungen auf, das Geschehen aufzuarbeiten. Jedoch blieb es noch bis hinein in die 1990er Jahre dabei, dass die Nazi-Verbrechen auf der kommunalpolitischen Ebene der Stadt nur äußert widerwillig und selten thematisiert wurden, wie auch die Frage nach einer Gedenkstätte für die Menschen, die sich hier dem NS-Staat widersetzt hatten, allen voran die Widerstandsgruppe Robert Limpert. Ein solches Denkmal wurde von der Mehrheit im Stadtrat gar als „Kainsmal“ abgelehnt, das sich diese Stadt nicht setzen wolle.
Stele „Wider das Vergessen“
Inzwischen aber hat sich die Situation verändert. Und die Gedenkstätte, eine „Widerstands-Stele“ direkt vor dem Ansbacher Rathaus, ist jenen mutigen Menschen gewidmet, die sich hier in unterschiedlicher Weise und an unterschiedlichen Orten widersetzten. „Wider das Vergessen“, heißt es in der Inschrift.
Die Stele wurde von der Regionalgruppe Ansbach der Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken initiiert und finanziert. Vier Autoren aus derselben Gruppe (die Historiker Alexander Biernoth, Dr. Frank Fätkenheuer und Rainer Goede sowie der Journalist und Schriftseller Ulrich Rach) haben jetzt ein Buch herausgegeben, in dem sie aufzeigen, wo, wie und in welchem Umfang in dieser Stadt Frauen und Männer Widerstand leisteten oder sich widerständig zeigten.
Geschichten vom Sterben, Leiden und Kämpfen
Sie berichten von Menschen, die sterben, leiden und kämpfen mussten, wie eben von Robert Limpert, den Widerstandskämpfer; vom damals in Ansbach residierenden Kirchenamtsdirektor Friedrich von Praun, der auf mysteriöse Weise im Gefängnis starb; vom polnischen Zwangsarbeiter Bornislaus Juzwik, der wie Limpert in den letzten Kriegsstunden hingerichtet wurde; von den SPD-Stadträten, die im KZ inhaftiert wurden; vom mitleidsvollen Verhalten einzelner Mitarbeiter in der Ansbacher Heil- und Pflegeanstalt gegenüber den Euthanasie-Opfern, unter ihnen viele Kinder, von der heimlichen Hilfe; von der komplizierten Situation in den Kirchen.
Reich illustrierte historische Dokumentation
Natürlich sind die Schilderungen des Widerstands und des widerständigen Verhaltens stets in den Kontext gebracht mit dem Geschehen, gegen das sich einst das Tun der sich widersetzenden Bürger richtete. So ist diese reich illustrierte historische Dokumentation auch eine Sammlung der verbrecherischen und politisch irrsinnigen Taten der Nationalsozialisten mitten in einer deutschen Kleinstadt, in der unmittelbaren Nachbarschaft der Bürger. Es ist eine erschütternde Darstellung von Geschehnissen, die heimatgeschichtlich bedeutend sind, in ihrer Tiefe und Intensität aber auch über die Grenzen der betroffenen Stadt hinaus als Beispiel dienen könnte und als Mahnung: „So etwas darf nie mehr geschehen!“
Buchinformation mit ISBN-Nummer
„Einzelne wagten es doch“, Alexander Biernoth, Frank Fätkenheuer, Rainer Goede, Ulrich Rach. Herausgeber: Ulrich Rach für die Regionalgruppe Ansbach der Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken e. V. ISBN 978-3-00-065092-5. 96 Seiten, vierfarbig, 12,80 Euro.
Weitere Informationen und Kontakt:
Andreas Mundt, Sauerbrunnen-Buchhandlung, Kolpingstraße 6, 74564 Crailsheim
E-Mail: sauerbrunnen-buch@web.de