In der Tarifauseinandersetzung mit dem Unternehmen Alpenland, einer Betriebsgesellschaft für Pflege- und Altenheime mit Sitz in Sonthofen, hat sich die Situation nochmals zugespitzt. In der Betriebsstätte in Öhringen waren die Beschäftigten am Donnerstagvormittag zu einer Betriebsversammlung auf Veranlassung des Arbeitgebers eingeladen. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz kann nur der Betriebsrat einladen und es sind im Betrieb vertretene Gewerkschaften teilnahmeberechtigt. Für ver.di sollte ein Gewerkschaftssekretär teilnehmen, um in der Versammlung die Positionen der Beschäftigten zu vertreten. Der Arbeitgeber untersagte daraufhin ver.di den Zutritt. Den zuständigen Gewerkschaftssekretär Anton-Eugen Schmid ließ Alpenland durch die Polizei vom Betriebsgelände entfernen.
Von Andreas Henke, ver.di-Landesbezirk Baden-Württemberg
„Eine Provokation von Alpenland“
Schmid bezeichnete diesen Vorgang als „Provokation“. ver.di überlegt sich, erneut rechtliche Schritte einzuleiten. Alpenland hatte in den vergangenen 15 Monaten mehrmals rechtliche Auseinandersetzungen mit ver.di geführt und
jeweils in allen Punkten vor Gericht verloren. Schmid: „Wir lassen die Beschäftigten nicht mit diesem Arbeitgeber alleine. Alpenland kann sicher sein, dass ver.di keine Ruhe geben wird, bis wieder Vernunft das Handeln dieses Arbeitgebers bestimmt.“
Alpenland versucht Mitarbeiter einzuschüchtern
In der Einrichtung in Sulz betreibt Alpenland die Kündigung der örtlichen Betriebsratsvorsitzenden. Die Kollegin ist zugleich Mitglied in der ver.di-Tarifkommission. ver.di vermutet, dass sie allein deshalb gekündigt werden soll. Alpenland begründet dieses Vorgehen damit, dass die Betriebsratsvorsitzende widerrechtlich und in betrügerischer Absicht Betriebsratsschulungen besucht und damit einen Vermögensschaden beim Arbeitgeber verursacht habe.
ver.di bestreitet dies vehement: Der Betriebsrat habe den Arbeitgeber sowohl über die zeitliche Lage und den Inhalt der Schulungsmaßnahmen rechtzeitig unterrichtet.
Jürgen Lippl, zuständiger ver.di-Sekretär: „Wenn ein Arbeitgeber mitten in einer Tarifauseinandersetzung wegen eines solchen Sachverhaltes einen Strafantrag stellt und die fristlose Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden
betreibt, so kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass es in erster Linie darum geht, eine unbequeme Mitarbeiterin loszuwerden und die restliche Belegschaft dadurch einzuschüchtern.“
Seit November 2005 keine Lohnerhöhung mehr bekommen
Die Altenheimkette betreibt in Baden-Württemberg acht Einrichtungen. Drei davon sind in der Region Heilbronn-Franken angesiedelt: Kupferzell, Öhringen und Bad Rappenau. Seit November 2005 haben die Beschäftigten von Alpenland keine Lohnerhöhung mehr bekommen. ver.di fordert rückwirkend ab 1. April 2008 eine Lohnerhöhung von 8 Prozent und für das Jahr 2009 eine Lohnerhöhung von 5 Prozent, um annähernd einen Anschluss an den öffentlichen Dienst zu erreichen. Der Arbeitgeber hat bislang kein Angebot vorlegt und die für den heutigen Freitag (7. August 2009) geplanten Verhandlungen abgesagt. In zwei Einrichtungen von Alpenland fanden am 7. Mai 2009 und am 10. Juni 2009 kurzfristige Warnstreiks statt. Das Unternehmen schreckte dabei nicht davor zurück, seine Beschäftigten einzuschüchtern, Streikende auszusperren und rechtlich zu belangen.
ver.di-Kontakt:
Für Öhringen: Anton-Eugen Schmid 0171/7617586
Für Sulz: Jürgen Lippl 0175/5896340
ver.di-Landesbezirk
Baden-Württemberg
Königstraße 10 a
70173 Stuttgart
Telefon: 0711/88788-2390
Handy: 0170/2212331
andreas.henke@verdi.de
Internet: http://bawue.verdi.de
In Süddeutschland betreibt die Einrichtung neun Häuser, in Berlin sieben. Geschäftsführer der Alpenland Pflege- und Altenheim Betriebsgesellschaft GmbH & Co. KG sind Sigrid Conle und Klaus Baier (http://www.betreuung-und-pflege.de/sonthofen/impressum.htm).
Interessant ist, dass Sigrid Conle aber auch noch Geschäftsführerin/Inhaberin/Vorstand von div. anderen Einrichtungen und Firmen im Gesundheitswesen ist – da kann man fast schon von einem kleinen Imperium sprechen:
– http://www.fachklinik-waldeck.de/portrait.htm (Geschäftsführerin)
– http://www.offizin24.de/alpenland-apotheke/ (Inhaberin)
– http://www.seniorenpalace.de/ (Vorstand)
– http://seniorenresidenz-moseltal.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=101&Itemid=40 (Vorstand)
– http://www.geisenhoferklinik.de/ (Geschäftsführerin)
– Alpenland Mobil GmbH (gehört zu dem obigen Alpenland)
Sind die Seniorenheime nicht ganz besonders auf Gelder der Pflegekassen angewiesen?
Wie sollen die Pflegekassen gefüllt werden, wenn nicht mit den Beiträgen der Arbeitnehmer? Je geringer aber die Löhne, desto geringer die Beiträge und desto leerer die Pflegekassen.
Wie war das noch mit dem „Ast absägen, auf dem man sitzt“?
Außerdem mache ich mir auch Gedanken darüber:
Wenn Arbeitnehmer in einem solchen Haus kein Recht auf anständige Entlohnung und gewerkschaftlichen Beistand haben, welche Rechte haben da die Bewohner, die sich selbst nicht mehr helfen können?
Ich habe erst vor kurzem als langjährig erfahrene Pflegefachkraft dort gearbeitet.
Natürlich wurde der Sekretär entfernt, dieser hätte sonst noch mehr offensichtlich gemacht, was hier seit Jahren vor sich hinwuchern darf.
Massiver Personalmangel, verursacht durch eine deutliche und einheitliche Ausrichtung von einem nicht geringen Teil der Pflegekräfte: Mobbing. Weiter verursacht durch eine da und dort doch etwas fragwürdig ausgeführte Pflege. Miserabelste und unverantwortliche Einarbeitung neuer Pflegekräfte.
Bewohnerbeschwerden sind zu hören, wenn man sie denn hören will.
Weiter ungewöhnlich bei der doch immer älter werdenden deutschen Bevölkerung: Weit über 20 Betten sind aktuell nicht belegt.
Die Qualität, tatsächliche Qualität des Heimes und nicht eine realitätsferne Beurteilung durch Heimaufsicht/MDK fordert nun ihren Tribut: Selbst trotz Pflegefachkräftemangel bundesweit ist der Mangel in dieser Einrichtung überdurchschnittlich massiv. Eine dortige Mitarbeiterin erklärte mir, die schlechte Belegung des Hausen mit neuen Bewohnern ist dadurch begründet, dass sich die Qualität der Einrichtung inzwischen unter anderem in Öhringen rumgesprochen hat. Die Einrichtung ist überdurchschnittlich stark auf Kräfte aus der Zeitarbeit angewiesen, da an einer Festanstellung in dieser Einrichtung kaum mehr Interesse besteht.
Schade, dass derartige Einrichtungen in der BRD am Leben gehalten werden.
Und wie es scheint, ein chronisches Problem:
http://www.stimme.de/hohenlohe/nachrichten/sonstige-Pflegerinnen-beklagen-Ueberlastung;art1919,2350668