„Der Verteidigungsetat ist keine Investition in die Zukunft“ – Interview mit Bundestagskandidat Stephen Brauer aus Crailsheim (FDP)

Stephen Brauer (FDP).

Stephen Brauer (FDP).

Hohenlohe-ungefiltert hat am Montag, 14. September 2009, vormittags den Direktkandidaten des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe einen umfangreichen Fragenkatalog zur Bundestagswahl 2009 zukommen lassen. Befragt wurden Stephen Brauer (FDP), Annette Sawade (SPD), Hans-Jürgen Lange (Für Volksentscheide), Silvia Ofori (Die Linke), Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian von Stetten (CDU). Die angefragten Kandidatinnen und Kandidaten hatten eine Woche Zeit, um die Fragen zu beantworten (Einsendeschluss: Sonntag, 20. September 2009, 24 Uhr).

Von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert

Stephen Brauer (FDP) antwortete am schnellsten

Nicht befragt wurde aufgrund eines mehrheitlichen Redaktionsbeschlusses Lars Gold (NPD) aus Langenau bei Ulm. Hohenlohe-ungefiltert wollte der rechtsextremen Partei keine Plattform für Parolen geben. Außerdem führt der NPD-Bewerber offensichtlich keinen aktiven Wahlkampf im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe und ist allem Anschein nach nur NPD-Platzhalter für die Erststimme. Als einziger der angefragten Kandidaten schickte Christian von Stetten (CDU) keine Antworten.

Hohenlohe-ungefiltert veröffentlicht die  Kandidaten-Interviews in der Reihenfolge ihres Eingangs. Am schnellsten geantwortet hat Stephen Brauer (FDP). Seine Antworten trafen schon am Dienstag, 15. September 2009, um 17.07 Uhr in der Redaktion ein.

Interview mit Stephen Brauer, Studienrat aus Crailsheim (FDP) – die Fragen stellte Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert:

An welchen Firmen sind Sie beteiligt?

STEPHEN BRAUER: Über meine vermögenswirksamen Leistungen an einem Aktienfonds.

Wie teuer ist Ihr Wahlkampf und wie finanzieren Sie diesen – von wem bekommen Sie Geld dafür? Welches sind die größten Spender?

Unser Wahlkampf kostet 9.000 Euro für beide Landkreise (Anmerkung: Schwäbisch Hall und Hohenlohe). Die höchste Einzelspende betrug 2.000 Euro.

Welches sind für Sie die drei wichtigsten politischen Ziele, die Sie für die Bürgerinnen und Bürger des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe erreichen wollen?

1. Abschaffung des Gesundheitsfonds
2. Ein einfacheres und gerechteres Steuersystem
3. Ein leistungsgerechtes Rentensystem

Sie haben Wirtschaftspädagogik studiert und arbeiten als Lehrer für Betriebswirtschaft an einer Berufsschule in Ellwangen und sind laut Ihrer Internetseite seit November 2007 auch Dozent an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und seit September 2008 Leiter eines Privaten Berufskollegs des Kolping-Bildungswerkes in Ellwangen. Wie bringen Sie so viele Jobs unter einen Hut? Würden Sie als gewählter Bundestagsabgeordneter weiterhin Ihren Beruf als Lehrer ausüben?

Im Wintersemester 2009/2010 habe ich keine Veranstaltung in Ludwigsburg, Leiter eines BK II bin ich mit 3 Stunden in der Woche. Als Abgeordneter kann ich diese Tätigkeiten nicht mehr ausüben.

Sie sind selbst kein selbstständiger Unternehmer. Wie kommt es beim FDP-Klientel an, dass sich ein Beamter oder Angestellter wie Sie für die FDP um ein Bundestagsmandat bewirbt? Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den FDP-Mitgliedern, von Selbstständigen-Verbänden und von den Bürgerinnen und Bürgern?

Das FDP-Klientel reicht vom Geringverdiener bis zum erfolgreichen Unternehmer. Das sind Personen, die mein Gehalt finanzieren.

Welche Fähigkeiten bringen Sie mit, die eine Bereicherung für die Politik im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe bedeuten?

Ehrlichkeit und Direktheit sowie wirtschaftspolitischer Sachverstand.

Welchen praktischen Nutzen haben die Menschen in der Region Schwäbisch Hall-Hohenlohe davon, wenn Stephen Brauer für die FDP im Bundestag arbeitet?

Einsatz für den A6-Ausbau sowie eine wohnortnahe und individuelle Gesundheitsversorgung.

Was bedeutet für Sie Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit in der Politik und im Geschäftsleben? Nennen Sie bitte konkrete Beispiele.

Ich denke, dass sich diese Eigenschaften für mich langfristig auszahlen werden. Erstes Beispiel: Ich bin gegen den Einsatz in Afghanistan. Zweites Beispiel: Ich bin als Mitglied des Landesfachausschusses Bildung mit der Konzeption der Werkrealschule nicht einverstanden.

Wie ist die Finanz- und Wirtschaftskrise zu meistern, ohne dass der Staat weiter übermäßig Schulden anhäuft?

Steuererleichterung als Konjunkturprogramm. Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel.

In einem Interview sagten Sie, die FDP kümmere sich auch um die Schwachen der Gesellschaft. Haben Sie dafür konkrete Beispiele? Droht mit der FDP in der Regierungsverantwortung eine Verschärfung der Hartz-IV-Gesetze?

Die Hartz-IV-Gesetze sind schon sehr am Limit. Wir wollen lediglich alle Sozialtransfers in einer negativen Einkommensteuer bündeln.

Wie ist Ihre persönliche politische Strategie für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan? Was muss dort getan werden?

Wir befinden uns in einem Krieg und sollten uns erneut fragen, ob wir das wollen.

Nach Ihren Angaben in einem Interview ist der deutsche Verteidigungsetat dreimal so hoch wie die Ausgaben für Bildung und Forschung. Warum ist das schlecht für Deutschland und wie kann dies geändert werden?

Der Verteidigungsetat ist keine Investition in die Zukunft. Wir brauchen eine kleinere und effizientere Freiwilligenarmee.

Sie waren lange Zeit nicht politisch aktiv. Was hat diesen Wandel vor einigen Jahren ausgelöst? Hat dies auch etwas damit zu tun, dass Ihre Frau Alda Maria da Silva Filipe Brauer für den FDP-Landtagsabgeordneten Friedrich Bullinger arbeitet?

Nein, da ich bereits vorher nominiert war. Ich habe mich entschlossen, mit dem Meckern aufzuhören und selbst etwas zu tun.

Welche Wünsche, Bitten, Forderungen und Anregungen haben Sie von den Bürgerinnen und Bürgern bei Ihrer viertägigen Wanderung durch den Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe und bei Wahlkampfveranstaltungen mit auf den Weg bekommen? Wo drückt den Menschen in der Region vor allem der Schuh?

Ich hatte den Eindruck, dass die Gerechtigkeitsfrage im Vordergrund stand: 1. Was leiste ich und was bekomme ich dafür? 2. Wer zahlt die Folgen der Krise?

Warum sind Sie der Meinung, dass der Gesundheitsfonds abgeschafft werden muss?

Weil er ein Mehr an Bürokratie und ein Weniger an Leistung bedeutet. Weil durch den Gesundheitsfonds jährlich 100 Millionen Euro aus Baden-Württemberg abfließen.

Warum wollen Sie die Pflichtversicherung abschaffen? Was bedeutet in diesem Zusammenhang dann die „Schaffung einer Pflicht zur Versicherung“, die Sie propagieren?

Jeder Patient erhält eine Rechnung, die er bei seiner Versicherung einreicht, mit freier Tarifwahl und eventuellem Selbstbehalt.

Wie stellen Sie sich ein einfaches und gerechtes Steuersystem vor?

3-Stufen-Tarif. Freibetrag in Höhe von 8.000 Euro für jede Person im Haushalt.

Warum müssen Ihrer Meinung nach viele Subventionen abgeschafft werden? Welche Subventionen sind Ihrer Ansicht nach vor allem unnötig?

Grundsätzlich müssen sämtliche Subventionen abgeschafft werden, da sie unkalkulierbare Verzerrungseffekte nach sich ziehen (Ausnahme: Ökologie, Bildung).

Sie spielen bei den Senioren des SV Onolzheim Fußball. Sind Sie beim Kicken schon auf Ihren politischen Konkurrenten Christian von Stetten (CDU) gestoßen? Wenn ja: Wer ist der bessere Fußballer – Sie oder Christian von Stetten?

Ich habe noch nie gegen Christian von Stetten gespielt.

Warum wollen Sie sich nicht über Christian von Stetten (CDU), den derzeit einzigen Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Schwäbisch Hall-Hohenlohe äußern? Finden Sie seine Art, Politik zu machen und wie er seinen Wahlkampf bestreitet, gut und aufschlussreich für die Bürgerinnen und Bürger?

Ich war im Forum des Hohenloher Tagblatts sehr positiv überrascht.

Wie schätzen Sie den Wahlkampf in Schwäbisch Hall-Hohenlohe bisher ein: Ist dieser bisher aus Ihrer Sicht interessant, erhellend für die Bürgerinnen und Bürger und auch fair verlaufen? – Oder war der Wahlkampf in Schwäbisch Hall-Hohenlohe langweilig, wie dies einige bundesweite Medien für den Wahlkampf in Deutschland insgesamt konstatierten?

Ich bedaure, dass man selbst hier „Formate“ schafft, die es kaum einmal erlauben, in die Tiefe zu gehen.

Konnten Sie viele Bürgerinnen und Bürger zu Ihren Wahlkampfveranstaltungen locken, oder fanden viele davon nur „im kleinen Kreis“ statt? Wo drückt den Bürgerinnen und Bürgern des Wahlkreises der Schuh am stärksten?

Die meisten Veranstaltungen waren mit 10-15 Personen besucht. Die Gerechtigkeitsfrage stand im Vordergrund.

Bei welchem Konkurrenten, bei welcher Konkurrentin stellen Sie die größte inhaltliche Übereinstimmung fest? Vertreter welcher Partei favorisieren Sie für eine Koalition?

Die größte inhaltliche Übereinstimmung gibt es mit Christian von Stetten. Der Wunschpartner ist die Union.

Warum halten Sie es für besser, wenn im Bundestag in Berlin nicht nur ein Vertreter aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe sitzt?

Das kommt auf den Vertreter an!

Warum schließen Sie Ihren Wahlkampf offiziell bereits am Montag, 21. September 2009, fünf Tage vor der Wahl, mit einem „Liberalen Stammtisch“ in Schwäbisch Hall ab? Warum „kämpfen“ Sie nicht bis zum letzten Tag?

Der Termin stimmt nicht mehr. Ursprünglich war dies als „Haller Abschluss“ geplant. Wir haben am Montag, 21.09. eine Veranstaltung in der „Krone“ in Fichtenberg (20.00 Uhr). Am 22.09. ist eine Großveranstaltung mit Birgit Homburger und Dirk Niebel in der Stadthalle in Neuenstein(19.00 Uhr). Am 23.09. ist die Abschlussveranstaltung für Hohenlohe („Dreher“ in Pfedelbach, 20.00 Uhr). Am Donnerstag, 24.09. ist der Liberale Stammtisch in Crailsheim/Ingersheim (Gasthaus Fuchsen, 19.30 Uhr). Am 25.09. ist die Abschlussveranstaltung im Gasthof „Steinäckerle“ in Sulzbach-Laufen, 20.00 Uhr. Am 26.09. sind wir mit Ständen in Gaildorf, Schwäbisch Hall, Crailsheim, Künzelsau und Öhringen.

Wie hoch müsste das FDP-Zweitstimmenergebnis sein, damit Sie mit großer Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen können? Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass Sie ab Herbst 2009 als Bundestagsabgeordneter in Berlin arbeiten?

Das hängt immer auch von den Erststimmen ab, und…in Stochastik (=Wahrscheinlichkeitsrechnung) war ich in der Schule schon nicht besonders gut.

   Sende Artikel als PDF   
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.