Das Imperium schlägt zurück – Wie erfolgreiche Steuerfahnder zwangspensioniert wurden

Wie Hessens Konservative verhinderten, dass aufmerksame Finanzbeamte und die politische Opposition mächtige Wirtschaftsinteressen stören. Ein Beispiel für den Missbrauch von Macht.

Gefunden von Manfred Scherrmann, Schwäbisch Hall, in Publik-Forum 1/2010, Autor: Wolf Wetzel

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, heißt es im Grundgesetz. Was allerdings passiert, wenn das Volk mächtigen Wirtschaftsinteressen in die Quere kommt, zeigte sich in den vergangenen Jahren in Hessen: Die siegreiche Opposition wird angefeindet; Finanzbeamte, die die Finanzströme der Mächtigen kontrollieren, werden zum Psychiater geschickt.

Besonders schockiert waren die Mächtigen vom Ergebnis der hessischen Landtagswahlen im Winter 2007: Die SPD wurde mit ihrer Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti stärkste Partei. Doch Ypsilanti hatte ein Problem: Um ohne CDU und FDP regieren zu können, war sie auf eine Tolerierung durch die Partei Die Linke angewiesen. Genau dies hatte sie vor der Wahl ausgeschlossen – in der Hoffnung, so den Einzug der Linken in den Wiesbadener Landtag verhindern zu können. Um dennoch rot-grüne Politik machen zu können, brach sie ihr Wort und handelte ein Tolerierungsabkommen mit der Linkspartei aus.

»Linker Putsch gegen den Wählerwillen«

Linker Putsch? In der deutschen Geschichte gab es schon viele Wortbrüche, ohne dass diese den jeweiligen Parteien geschadet hätten. Doch dieses Mal passierte etwas Ungewöhnliches: Eine parteiübergreifende Koalition aus Wirtschafts-, Partei- und Medienunternehmen fand sich zusammen, um den »linken Putsch gegen den Wählerwillen« zu verhindern.

Natürlich ist ein Wortbruch keine Kleinigkeit. Doch inzwischen wissen Beobachter, worum es wirklich ging: Einige Programmpunkte der geplanten rot-rot-grünen Regierung störten einflussreiche Wirtschaftsinteressen und milliardenschwere Unternehmen in Hessen derart, dass sie keinen Hehl daraus machten, mit allen Mitteln eine Umsetzung der »wirtschaftsfeindlichen« Programmpunkte zu verhindern: Nach dem Willen von Andrea Ypsilanti sollte die Nordbahn am Flughafen erst gebaut werden, wenn die Gerichte über die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses entschieden hätten. Also kein Sofortvollzug. Zudem sollte das älteste Atomkraftwerk in Biblis stillgelegt und der Ausbau regenerativer Energien zügig vorangetrieben werden – mit dem SPD-Solarpapst Hermann Scheer als Wirtschaftsminister.

Ältestes Kernkraftwerk Biblis soll am Netz bleiben

Wie wenig der alten Elite aus Politik und Wirtschaft diese Forderungen schmeckten, zeigt sich daran, dass die am 18. Januar 2009 gewählte CDU-FDP-Koalition die Pläne der Rot-Grünen sofort revidierte: Der Flughafen soll mithilfe des »Sofortvollzuges« ausgebaut werden und das Kernkraftwerk Biblis am Netz bleiben.

Steuerfahnder entdeckten illegale CDU-„Kriegskasse“

Erfolgreiche Steuerfahnder. Doch diese politischen Prioritäten erklären noch nicht, warum das Establishment vor allem der CDU einen Regierungswechsel in Hessen geradezu fürchtete. Dazu muss man das »Banken-Team« im Finanzamt Frankfurt V kennen. Es handelt sich um Staatsdiener im besten Sinne: Marco Wehner war einer jener Frankfurter Steuerfahnder, die gegen den ehemaligen Schatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, ermittelten – das dunkelste Kapitel der Hessen-CDU. Es ging um über zwanzig Millionen Mark, die als illegale »Kriegskasse« für Parteizwecke genutzt wurden, und unter anderem in der Liechtensteiner Stiftung Zaunkönig anonymisiert, also gewaschen wurden.

Stapelweise Belastungsmaterial bei Commerzbank und Deutscher Bank

Das Banken-Team ermittelte aber auch wegen Steuerhinterziehung gegen Großbanken: »Stapelweise Belastungsmaterial fand das Team bei Commerzbank und Deutscher Bank. Sie hatten Kunden geholfen, Geld vor dem Fiskus zu verstecken. 250 Millionen Euro zusätzlich aus Steuernachzahlungen der Banken verbuchte das Land Hessen wegen der Erfolge der Finanzbeamten, rund eine Milliarde der Bund«, schrieb die Frankfurter Rundschau.

Hier findet sich der ganze Artikel:
http://www.publik-forum.de/ausgabenarchiv/?id=17862

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