Wieder einmal musste sich eine Firma aus dem nahen Umfeld des Hohenloher Druck- und Verlagshauses (HDV) vor dem Arbeitsgericht Crailsheim verantworten. Das im Sommer 2009 vom HDV abgespaltene Druckzentrum Gerabronn stand am Freitag, 12. Februar 2010, zu einem Gütetermin vor Arbeitsrichter Stefan Fiebig.
Kommentar von Ralf Garmatter, Hohenlohe-ungefiltert
Geschäftsführer Bauder will Betriebsratsvorsitzenden mürbe machen
Die Firma versucht offensichtlich mit aller Macht, einen Drucker los zu werden. Den Maschinenführer der Zeitungsdruckmaschine in Gerabronn hat Druckzentrum-Geschäftsführer Jürgen Bauder schon seit längerem im Visier. Der Drucker ist Vorsitzender des dreiköpfigen Betriebsrats der im Sommer neu gegründeten Firma. Er ist Bauder schon seit längerem ein Dorn im Auge. Durch Abmahnungen soll der 32-Jährige mürbe gemacht werden. Gegen die zwei jüngsten Abmahnungen hatte der Drucker beim Arbeitsgericht geklagt.
Zu Abmahnung 1: Richter Fiebig machte Stephan Wankmüller, dem Technischen Leiter der Beklagten-Seite und dessen Rechtsanwalt unmissverständlich klar, dass sich ein Mitarbeiter bei seinem Vorgesetzten nicht abzumelden brauche, wenn dieser seine Betriebsratsarbeit – wie im vorliegenden Fall – nach der regulären Arbeitszeit mache.
Zu Abmahnung 2: Die zweite Abmahnung ist etwas komplizierter. Nach Angaben des Druckers ist ihm gegen Ende der Schicht beim Reinigen der Druckmaschine Lösungsmittel ins Genick getropft. Um das Lösungsmittel aus gesundheitlichen Gründen schnell zu entfernen, sei er schon rund zehn Minuten vor Schichtende zum Duschen gegangen. Die Reinigungsarbeiten seien aber von den Kollegen des Maschinenführers ordnungsgemäß zu Ende ausgeführt worden, berichtete der Drucker vor Gericht. Ein Schaden sei durch seine kurzzeitige Abwesenheit nicht entstanden. Grundsätzlich bestehe eine Abmeldepflicht, sagte Arbeitsrichter Fiebig. „Doch, ob diese nachts um 2.35 Uhr praktisch umsetzbar ist, wenn kein Vorgesetzter im Betrieb ist“, stellte der Richter als offene Frage in den Raum. „Wünschen Sie in solch einem Fall, dass Sie um 2.30 Uhr angerufen und aus dem Bett geholt werden?“, fragte er den Technischen Leiter Stephan Wankmüller anschließend direkt. Wankmüllers Antwort: „Ich werde oft nachts in den Betrieb gerufen.“ Arbeitsrichter Fiebig schlug vor, die zweite Abmahnung binnen eines Jahres wieder aus der Personalakte des Druckers zu entfernen. Zu einer gütlichen Einigung wegen der zwei Abmahnungen ist es aber nicht gekommen.
Firma sprach gleich zwei fristlose Kündigungen aus
Die Firma Druckzentrum Gerabronn will den Betriebsratsvorsitzenden vielmehr auf dem schnellsten Wege ganz loswerden. Gleich zwei Zustimmungsersetzungsanträge hat die Firma in der vergangenen Woche beim Arbeitsgericht eingereicht. Der Betriebsrat der Firma hatte den beiden fristlosen Kündigungen gegen den Maschinenführer nicht zugestimmt. Die öffentliche Verhandlung dieser fristlosen Kündigungen gegen den Betriebsratsvorsitzenden vor dem Arbeitsgericht Crailsheim findet am Dienstag, 23. Februar 2010, um 13.20 Uhr statt.
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