„Ein unmoralisches Angebot“ – Leserbrief zu Rohstoffspekulationen der Volksbank Schwäbisch Hall-Crailsheim

Den nachfolgenden Brief erhielt der Alpha-Press-Leser Gert Glössner von der Volksbank Schwäbisch Hall-Crailsheim eG. Seine Antwort auf das eindeutige Angebot der Volksbank dokumentierte die Schwäbisch Haller Monatszeitschrift Alpha Press in ihrer jüngsten Ausgabe. Eine Antwort der Volksbank auf den Offenen Brief von Gert Glössner gibt es bisher noch nicht. Anmerkung der Alpha-Press-Redaktion: Das Orginaldokument wurde bearbeitet, Adresse und Kopf sowie Volksbank Logo weggelassen. Der Text wurde nicht verändert.

Erstveröffentlichung des Artikels in der Schwäbisch Haller Monatszeitschrift Alpha Press, Ausgabe Februar/März 2010

Kommen Sie jetzt zu unseren Sicherheitswochen!

Sehr geehrter Herr Glrissner,
“Ncah eienr Stidue der Cmabirdge Ulinvrestiät, ist es eagl in wlehcer Reiehnfogle die Bchustebaen in Wöretm vokrmomen. Es ist nur withcig, dsas der ertse und lettze Bchusatbe an der ricthgien StIele snid. Der Rset knan total falcsh sein und man knan es onhe Porbelme leesn. Das legit daarn, wiel das mneschilche Geihrn nciht jeedn Bchustbaen liset sodnern das Wort als gaznes.“

So ähnlich funktioniert auch die Kapitalgarantie bei unserer neuen Geldanlage: Am Anfang genau wissen was am Ende rauskommt, das bietet Ihnen unsere Kapitalgarantie. Mit dieser Sicherheit im Rücken nutzen Sie ganz hervorragend die Chancen der Märkte. Setzen Sie jetzt auf Rohstoffe! Bodenschätze sind endlich, die Anbauflachen für Agrarrohstoffe wie Weizen und Mais sind weitestgehend erschöpft. Die Weltbevölkerung wächst, aber im Jahr um 80 Millionen Menschen, das entspricht “einem Deutschland” pro Jahr. Alle wollen essen, trinken, Häuser, Energie, Autos… Die Konsequenz sind steigende Preise, das kennen Sie ja vom Gang an die Zapfsaule. Wussten Sie, dass der Benzinpreis in den letzten 7 Jahren um 33% gestiegen ist? Oder dass sich der Preis der Brezel in den letzten 7 Jahren verdoppelt hat?
Nutzen Sie jetzt Ihre Chancen! Profitieren Sie von steigenden Rohstoffpreisen. Legen Sie Ihr Geld absolut sicher an, aber mit Köpfchen. Kommen Sie zu unseren Sicherheitswochen vom 1. Februar bis zum 12. Marz 2010. Gerne präsentieren wir Ihnen unsere ganz besondere Geldanlage.

“Draauf gbeen wir Inhen usner Wrot!”
Wann dürfen wir den Weg fur Sie frei machen? Unser Beraterteam freut sich auf das persönliche Gesprach mit Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
VR Bank Schwabisch Hall-Crailsheim eG

Die Antwort von Gert Glössner in einem Offenen Brief:

Gert Glössner
Haller Str. 26
74523 Schwäbisch Hall

Vorstand der VR Bank
Schwäbisch Hall – Crailsheim eG
Marktstr. 17
74523 Schwäbisch Hall

Schwäbisch Hall, den 28.1.2010

Ein unmoralisches Angebot – Einladung zu Ihren Sicherheitswochen

„Ein Kind, das heute verhungert,wird ermordet“ (Jean Ziegler, ehem. UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung).

Sehr geehrte Herren,

ich nehme Bezug auf Ihr Akquisitionsschreiben vom heutigen Tag, das bei mir ungläubiges Staunen, um nicht zu sagen Entsetzen ausgelöst hat. Und ich vermute, nicht nur bei mir.

Nach einem Aufmerksamkeit heischenden Buchstabenabrakadabra werben Sie unverhohlen, in Agrarrohstoffmärkte zu investieren. Geschickt vermeiden Sie konkrete Renditeversprechen, insinuieren aber durch die gewählten Preissteigerungsbeispiele entsprechende Profitraten in der Größenordnung zwischen 33 und 50 Prozent erzielen zu können!

Jetzt auf Rohstoffe zu setzen und von steigenden Rohstoffpreisen zu profitieren, wie Sie in Ihrem Schreiben formulieren, bedeutet nichts anderes als die Aufforderung an der hemmungslosen, weltweit praktizierten Spekulation mit Grundnahrungsmitteln teilzunehmen und eine neue Blase mit an zu heizen. Hier wird, als hätte es nie eine Finanzkrise gegeben, der Gier der Anleger nach Traumrenditen und dem vermuteten Streben Ihres Institutes nach zusätzlichen Provisionseinnahmen der Weg frei gemacht. Da hilft es auch nicht, wenn dem Kunden mit dem Mantel der „Kapitalgarantie“ der Blick auf die tatsächliche Zielsetzung verwehrt werden soll: Das ist meines Erachtens mehr als moralisch verwerflich!

Mit der Beteiligung  – wie ich annehme an einem Rohstoff-Garantiefonds der Union Investment – wird indirekt, über die aus den bereits alarmierenden Knappheitsverhältnissen resultierenden Rohstoffpreissteigerungen hinaus, eine vor allem für die sogenannte Dritte Welt kaum zu stemmende Kostenexplosion folgen – ganz im Sinne der Anleger und Fondsmanager. Man muss kein Prophet sein, um diese Entwicklung vorherzusehen. Auch Ihnen dürfte das nicht unbekannt sein.

Wie Sie vielleicht wissen, müssen rund eine Milliarde Menschen mit einem bis zwei Dollar am Tag ihr erbärmliches Leben fristen, und als wäre das nicht schon schlimm genug, verhungert alle fünf Sekunden ein Kind auf diesem Planeten. Opfer von Misswirtschaft und Spekulation.

Mit anderen Worten: Sie empfehlen uns, Ihren Kunden, vom Hunger und vom Elend dieser Menschen zu profitieren!

Stünde es einem, dem genossenschaftlichen Gedanken verbundenen und verpflichteten Unternehmen, nicht wesentlich besser zu Gesicht, zum Beispiel Agrargenossenschaften in Afrika mit zu unterstützen und entsprechende Fonds aufzulegen, bzw. anzubieten und somit zumindest ein kleines Gegengewicht zu den Auswirkungen der EU-Agrarsubventionen zu setzen, die zu verheerenden Folgen für die Landwirtschaft und einer eigenverantwortlichen Ernährungssicherung auf diesem Kontinent führen!?

„Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt“, so lautet ihr derzeitiger Werbeslogan. Aber muss es die Gier nach Profit auf dem Rücken der Ärmsten dieser Welt sein?

Ich möchte Sie bitten, vor dem geschilderten Hintergrund, Ihre diesbezüglichen Aktivitäten nochmals auf den Prüfstand zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Gert Glössner

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3 Gedanken zu „„Ein unmoralisches Angebot“ – Leserbrief zu Rohstoffspekulationen der Volksbank Schwäbisch Hall-Crailsheim

  1. Der sachliche Ton des Briefes ist geradezu bewundernswert. Ich weiß nicht, ob ich diese Sachlickeit hinbekommen hätte.
    Die Antwort interessiert mich sehr!

  2. Sehr gut geschrieben. Er trifft es auf den Punkt.
    Ich habe vor einigen Wochen ein ähnliches Schreiben (mit der Aufforderung zur Agrar- und Rohstoffspekulation) von der Dresdner Bank (inzwischen immerhin eine staatlich, also von uns geförderte, Bank) bekommen.
    Es ist pervers. Wahrscheinlich werden sich die Banken damit rausreden wollen indem sie behaupten „Die anderen Global Player machen es ebenso … um uns zu schützen benötigen wir ebenfalls solche Renditen …“. So ähnlich hatte es auch schon unser allseits beliebter Herr Ackermann von der Deutschen Bank formuliert. Aber, nur weil andere gierig und pervers sind, muß ich es doch nicht auch so machen ! Wann kapieren es die Banker endlich, dass der Mensch nicht für das Geld, sonder wenn schon Geld, dann dieses für den Menschen da ist. Am liebsten wäre mir, man könnte das Geld oder zumindest den Zins und auf jeden Fall die Spekulation, ganz abschaffen

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