Es spiegelt den Zustand unseres Landes wider, dass wir immer öfter zur Verteidigung unserer Grundrechte zur Verfassungsbeschwerde greifen müssen. Jetzt gibt es – ähnlich wie bei der Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung eine Massen-Verfassungsbeschwerde gegen das ELENA-Verfahren (elektronischer Entgeltnachweis), die jede/r unterstützen kann. Die zuvor von Aktivisten vermailte Petition gegen ELENA hat zwar die 50.000 Unterzeichner nicht erreicht, ist aber in der parlamentarischen Prüfung.
Von Jochen Dürr, Landessprecher der AG betrieb & gewerkschaft in der Partei Die LINKE Baden-Württemberg
Frist endet am Donnerstag, 25. März 2010
Das ELENA-Verfahren (elektronischer Entgeltnachweis) ist ein Verfahren, mit dem ab dem 1. Januar 2012 in Deutschland Einkommensnachweise elektronisch – mit Hilfe einer Chipkarte mit integriertem Zertifikat zur Erstellung qualifizierter elektronischer Signaturen – erbracht werden. Die Meldung der Daten durch die Arbeitgeber erfolgt seit dem 1. Januar 2010.
Zum Mitmachen bei der Verfassungsbeschwerde gegen ELENA sind lediglich folgende Schritte auszuführen:
1. Auf https://petition.foebud.org/ELENA die entsprechenden Formulare ausfüllen
2. Anschließend in der erhaltenen E-Mail auf den darin enthaltenen Link klicken.
3. Die vorausgefüllte Vollmacht herunterladen.
4. Die Vollmacht ausdrucken und eigenhändig unterschreiben.
5. Vollmacht per Post sofort an die eingedruckte Adresse senden.
Die Zeit drängt: Letzter Versendetermin ist Donnerstag, 25. März 2010. Später eintreffende Vollmachten können nur noch symbolisch gewertet werden.
Kritik an ELENA (aus dem Internetlexikon Wikipedia)
Das geplante ELENA-Verfahren wird von verschiedenen Datenschützern kritisiert. Die millionenfache Sammlung von Arbeitnehmerdaten bei der Zentralen Speicherstelle sei eine unzulässige Datenspeicherung auf Vorrat, da nicht abzusehen sei, ob die Daten überhaupt jemals benötigt werden. Außerdem würden Arbeitgeber in der Einführungsphase doppelt belastet, da vorerst trotz ELENA-Verfahren noch alle Bescheinigungen zusätzlich erstellt werden müssen.
Streikende werden erfasst
Kritisiert wurde ferner, dass ursprünglich jeder Streikende in dieser Datenbank erfasst worden wäre, egal ob bei einem offiziellen oder „wilden“ Streik (wie beim Opel-Streik). Erfasst würde auch, ob jemand vom Arbeitgeber „ausgesperrt“ wurde. Das Bundesministerium für Arbeit hat hierzu am 5. Januar 2010 mitgeteilt, dass das Verfahren dahingehend geändert worden sei, dass Streikzeiten nicht mehr als solche zu erfassen seien. Ferner sollten durch den ELENA-Beirat im Januar 2010 noch einmal alle zu erhebenden Daten auf ihre zwingende Notwendigkeit hin überprüft werden. Darüber hinaus solle noch im Jahr 2010 den Arbeitnehmervertretern ein gesetzlich verbrieftes Anhörungsrecht eingeräumt werden, wenn über den Inhalt der zu erhebenden Daten entschieden wird.
Arbeitgeber erstellen einen monatlichen Entgeltdatensatz, ohne dass der Arbeitnehmer davon Kenntnis bekommt
Die Arbeitgeber erstellen einen monatlich zu meldenden Entgeltdatensatz, ohne dass der Arbeitnehmer davon Kenntnis bekommt und, wie beim Arbeitszeugnis, einen Einfluss darauf hat. Der Arbeitnehmer wird jedoch über den Versand des Datensatzes informiert und hat nach § 103 SGB IV das Recht, die über ihn gespeicherten Daten einzusehen. In dem Datensatz werden nicht nur Name, Geburtsdatum, Versicherungsnummer, Adresse etc. erfragt, sondern auch Fehlzeiten, Abmahnungen, mögliches „Fehlverhalten“ und nach ursprünglicher Planung auch Streikbeteiligung. Als Begründung wird angegeben, diese Angaben wären für eine Entscheidung über eventuelle Sperrzeiten nötig. Gemäß § 99 SGB IV haben nur die in das Verfahren integrierten abrufenden Stellen Zugriff auf die Daten. Zugriffe von Arbeitgebern oder Finanzbehörden sowie eine Beschlagnahmung der Daten durch eine Staatsanwaltschaft sind explizit ausgeschlossen. Dabei ist zu beachten, dass einige dieser Informationen bereits jetzt von den Arbeitsagenturen in der Bescheinigung zum Arbeitslosengeld abgefragt werden und sich durch ELENA lediglich der Transportweg ändert sowie die Speicherung der Daten nun bei einer zentralen Stelle erfolgt.
Wer kann auf die Daten zurückgreifen?
Einer der gewichtigsten Kritikpunkte ist, dass Ängste bestehen, wer in Zukunft auf die gespeicherten Daten zugreifen kann. Szenarien, dass bei einer Bewerbung die ELENA-Karte vorgelegt werden könnte, haben diese Angst geschürt. Dem steht entgegen, dass im ELENA-Verfahrensgesetz klar definiert ist, dass die Daten nur für die im Gesetz genannten Anwendungsbereiche verwendet werden dürfen und eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme der Daten nach anderen Rechtsvorschriften unzulässig ist. Trotzdem haben diese Bedenken dazu geführt, dass zwei Online-Petitionen gegen ELENA beim Deutschen Bundestag initiiert wurden. Die Zeichnungsfrist ist am 2. März 2010 mit abgelaufen. Die Anzahl der Mitzeichner (27562 bzw. 5901) verpflichtet den Petitionsausschuss nicht, sich öffentlich damit auseinanderzusetzen.
Verfassungsbeschwerde gegen ELENA eingereicht
Nachdem das Urteil zur Vorratsdatenspeicherung verkündet wurde, an dessen Klage sich bereits über 34.000 Betroffene beteiligt hatten, initiierten der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und der FoeBuD, innerhalb weniger Tage vor Ablauf der Jahresfrist, auch gegen das ELENA-Verfahren eine Massenklage.