Wer sich um die Unabhängigkeit der Presse sorgt, muss sich mit der Abhängigkeit der Journalisten befassen. Denn viele von ihnen haben inzwischen ein Problem mit ihrer Haltung.
Gefunden von Axel Wiczorke, Hohenlohe-ungefiltert
Wer sich heute um die Unabhängigkeit der Presse sorgt, muss sich vor allem mit der Abhängigkeit der Journalisten befassen, und zwar mit der selbst gewählten. Wir haben nicht so sehr ein Problem der Rechtslage, sondern eines der Haltung. Jene Kollegen, die die Wikileaks-Veröffentlichungen unter dem Gesichtspunkt der Legalität sahen, wurden dazu nicht gezwungen. Sie taten das freiwillig. Sie wollen Herrschaft nicht kritisieren, sondern stabilisieren. Sie haben es sich im System gemütlich gemacht, sich selbst embedded, um den Begriff der PR-Strategen der US-amerikanischen Armee zu benutzen. Sie haben dabei die Pressefreiheit gleich mit zu Bett gebracht.
Lesenswert! Man werfe auch mal einen Blick auf die Kommentare …
http://www.taz.de/1/leben/taz-medienkongress-2011/artikel/1/die-pressefreiheit-liegt-schon-im-bett/
Der Herausgeber der Zeit, Josef Joffe, spricht gem. taz-Bericht in Sachen Wikileaks-Veröffentlichungen von „Hochverrat“. Hierzu ein Zitat von Ron Paul:
„In a free society, we are supposed to know the truth. In a society where truth becomes treason, we are in big trouble.“ (In einer freien Gesellschaft sollten wir die Wahrheit kennen. In einer Gesellschaft, in der Wahrheit zu Hochverrat wird, haben wir große Probleme. Ron Paul, US-Kongressabgeordneter.
http://twitter.com/repronpaul
Vielleicht war der Redakteur der „Zeit“ beleidigt, weil ihnen kein Material angeboten wurde und das mit Recht. Aufdeckender Journalismus ist nicht gerade die Stärke dieser Zeitung. Wie war es doch zu Zeiten der Gräfin Marion Dönhoff als Herausgeberin der „Zeit“ und ihren Freundschaften zu Kissinger und Hartmut von Hentig, dem Lebensgefährten von Gerold Becker? Nein, da kam ein Thema wie der Missbrauch an der Odenwaldschule – insbesondere durch den ehemaligen Rektor Gerold Becker – nicht auf den Tisch und somit nicht in die Zeitung. Von Herrn Kissinger und seinem schrecklichen Engagement in aller Welt ganz zu schweigen. Auch die Tatsache, dass die Adligen sich sehr früh und umfassend bei den Nazis engagierten, passte natürlich erst sehr spät ins Konzept. Man hielt sich doch lieber an das Märchen von den Nazis als einem Haufen aus dem Lumpenproletariat.
Wenn man den naiven Artikel „Die Unsichtbare“ in der „Zeit“ vom 30.4.2008 nochmals liest, erinnert man sich daran, dass jedem klar war, dass hier gewaltig etwas nicht stimmt, noch bevor die Geschichte mit den verunreinigten Wattestäbchen aufkam. Die Putzfrau, die den Redaktionsflur reinigte, wäre sicher in ihrer Meinungsbildung weiter fortgeschritten gewesen. Manchmal ist es gut, einfach nur die nächste Umgebung zu befragen.
Julian Assange wusste, an wen er sich wenden kann. Wenn man sich für Neues im Kultursektor interessiert, ist es sinnvoll „Die Zeit“ hervorholen.
In dem Fall von Wikileaks kann man sogar die gewiss nicht linkslastige „Frankfurter Allgemeine“ mit Vergnügen aufschlagen und findet dort einen vorzüglichen Artikel von Stefan Tomik unter der Überschrift „Nichts verschweigen.“ Er schreibt u.a.: „Die Presse ist nicht dazu da, ihr wissen zu verschweigen.“ „Wenn man genau hinschaut, kann man nicht finden, dass Journalisten zu viel von dem veröffentlichen, was sie wissen. Oft behalten sie zu viel für sich – das sind die kleinen, alltäglichen Deals mit der Macht.“ „Wenn Journalisten auf
Wikileaks einschlagen, treffen sie vor allem sich selbst.“ “Aber es ist eben auch eine Frage der Intelligenz, Heimlichkeiten aufzudecken. Das ist der Zweck des Journalismus. Ist es gut oder schlecht? Es ist eine Nachricht. Man kann nicht vorher wissen, wozu ihre Veröffentlichung führt. Aber wenn man es kontrollieren will. Pardon, dann ist man schon auf dem Weg nach Nordkorea.“
Ja, die FAZ hat einfach auch ihre Qualitäten, allein schon deshalb, weil sie kluge Leute beschäftigt.